40 Zentimeter. Das ist die Mindestgröße, die eine aus dem Lake Taupo gezogene Forelle haben muss, damit man sie behalten darf. 40 Zentimeter! Wer in Deutschland so ein Prachtexemplar angelt, steht wahrscheinlich am nächsten Tag samt Foto in der Lokalzeitung. Kaum zu glauben, dass diese neuseeländischen Oschis Nachfahren deutscher Bachforellen und kalifornischer Regenbogenforellen sind, die Auswanderer nach Aotearoa mitbrachten.
Wie genau sie es geschafft haben, die Süßwasserfische während der dreimonatigen Bootspassage ans andere Ende der Welt am Leben zu halten, hat mir leider niemand erzählt. Fakt ist: In Neuseeland fanden die Forellen paradiesische Lebensumstände vor und wuchsen zu derartigen Trophäen heran wie es die Siedler wohl niemals zu träumen gewagt hätten. Sie konnten ja auch nicht ahnen, dass Lake Taupo nicht nur eine große Oberfläche hat (30 x 40 km), sondern bis zu 186m tief ist. Das ist verdammt viel Wasser, welches noch dazu sehr klar und kalt ist.
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Zu verdanken haben die Forellen diesen perfekten Lebensraum einer Naturkatastrophe. Genauer gesagt dem schwersten Vulkanausbruch seit Menschengedenken. Die alten Römer wie auch die Chinesen berichten um 200 n. Chr. von „Tagen der Nächte“: Eine gigantische Eruption auf Neuseelands Nordinsel schleuderte 1200 Kubikkilometer Gestein und Staub in die Atmosphäre, wodurch es drei Tage lang weltweit dunkel wurde. Lake Taupo liegt auf dem sogenannten vulkanischen Gürtel, der sich schräg über die Nordinsel erstreckt. Bis heute finden sich am Ufer des Sees heiße Quellen und an seinem südlichen Ende liegt der beeindruckende Tongariro National Park mit einer ganzen Reihe noch immer aktiver Vulkane.
Dass es den Forellen in Neuseeland so gut geht, liegt aber auch daran, dass sie dort nicht kommerziell gefischt werden dürfen. Eine verrückte Regelung, die die meisten Touristen wohl mit einem ungläubigen „Echt?!“ kommentieren. Wer in Neuseeland Forelle essen will, der muss sie selbst angeln. Natürlich wollten wir! Das Fleisch der Wildforellen ist nicht zu vergleichen mit dem, was man in deutschen Supermärkten (natürlich aus Aquafarmen) bekommt. Und obwohl die Fische inzwischen in sehr vielen neuseeländischen Flüssen und Seen geangelt werden dürfen, ist Lake Taupo ein ganz besonderes Revier (für das man auch eine gesonderte Lizenz erwerben muss). Unsere ersten laienhaften Angelversuche waren leider nicht von Erfolg gekrönt …
Erlaubt ist in Neuseeland allerdings auch, sich beim Forellenangeln helfen zu lassen. Ich durfte das mit einer gechillten Bootsfahrt über den Lake Taupo mit Chris Jolly verbinden. Während sich die Gipfel des Tongariro National Park in äußerst fotogene Gewitterwolken hüllten, schien uns auf dem See noch eine erstaunlich kräftige Wintersonne ins Gesicht als wir die vier am Heck befestigten Angeln auswarfen. Dann schipperten wir zum Oldiesound des örtlichen Radiosenders (Dire Straits! David Bowie!) über den See, vorbei an den berühmten Maori Rock Carvings, bis uns die Angel plötzlich signalisierte: Achtung! Da hängt was dran! Nennt mich faul, aber ich finde: So macht Angeln richtig Spaß.
Durchschnittlich wiegt eine aus dem See gezogene Regenbogenforelle 1,5 Kilo, Bachforellen sogar 2,5 Kilo, erzählte uns Skipper Pete. Jedes Jahr werden aber auch Brummer von bis zu 7 Kilo gefangen. Mein Jagdinstinkt, dessen Existenz ich bisher bestenfalls wahrgenommen hatte wenn ein Bus mir vor der Nase wegzufahren drohte, erwachte mit einem Schlag zum Leben.
Als die Angel zuckte, konnten die sechs Männer, die mit mir an Bord waren, gar nicht so schnell gucken wie ich „Hier! Ich!!“ schrie und ans Heck stürzte. Und dann kurbelte ich und kurbelte, bis mein Bizeps brannte. Der verdammte Haken lag wahrscheinlich auf dem Seegrund. Aber das war vergessen, als ein glitzernder, zappelnder Schatten unter der Wasseroberfläche auftauchte und von Nick geschickt mit einem Käscher eingefangen und an Bord geholt wurde. Yeeeeeeeee-ha! Meine erste (fast) selbst gefangene neuseeländische Forelle!
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Disclaimer: Die Fahrt mit Chris Jolly wurde gesponsert von Tourism New Zealand.
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