Neuseeland: Ein Schatz in Schlangenform


Wer in Neuseeland unterwegs ist, wird ihnen immer wieder begegnen: Schildern, die auf „tame eels“ (sogenannte zahme Aale) hinweisen, die man füttern darf. In vielen Bächen und kleineren Flüssen kann man sie auch einfach so erspähen – was schon so manchen Badenden kreischend aus dem Wasser getrieben hat.

Denn: Einen Schönheitswettbewerb gewinnen die Tiere wohl nicht. hr Körper ähnelt dem einer Schlange und ihr Gesicht erinnert mich irgendwie an das Alien aus dem gleichnamigen Grusel-Sci-Fi-Film. Nichts desto trotz gelten sie den Maori als „taonga“ (Schatz) und stehen als Delikatesse auf dem Speiseplan der Ureinwohner ganz weit oben. Wenig überraschend, wenn solche Prachtexemplare im Fluss vor der Haustüre herumschwimmen. Übrigens, für die Biologen und Aal-Nerds unter uns: Es gibt in Neuseeland drei verschiedene Arten und eine davon – den Longfin Eel – sogar nirgendwo sonst auf der Welt.

Als mir auf dem Farmers‘ Market in Rotorua Räucheraal unterkam, kaufte ich daher kurzerhand ein Stück. Ich wollte wissen, ob mir der Schatz der Maori womöglich besser schmeckte als jene extrem fettigen Happen, die ich noch von den Fischplatten in Erinnerung hatte, die es zu besonderen Anlässen bei meinen norddeutschen Großeltern gab. Dort lag der Aal in runde Scheiben zersäbelt auf dem Buffet, das zugehörige Stück Rückgrat noch in der Mitte, was ich als Kind ziemlich gruselig fand.

In Rotorua bekam ich nun ein etwa 20 Zentimeter langes Stück Räucheraal, in der Mitte aufgeklappt, mitsamt den knorpeligen Knochen, in ein Stück Papier eingeschlagen über die Theke gereicht. Auf den ersten Blick sah das Fleisch weiß aus, auf den zweiten dann eher durchscheinend. So wie inzwischen auch das Papier, in dem er lag. Mich überkam eine Ahnung, dass auch der neuseeländische Aal eine echte Fettbombe ist. Überraschenderweise fand ich den Geschmack dann gar nicht mal schlecht, nur einen Tick zu intensiv fischig-rauchig vielleicht. Aber die Konsistenz! Fast schon gallertartig, zäh, kaum vom Knochen zu lösen. Und anschließend lag er mir wie ein Stein im Bauch. Hallo, Déjà-Vu!

Ein paar Tage später lernte ich Hairiuna Mead im Marae in Whakatane kennen. Während ich ihm und seiner Mutter bei der Zubereitung eines Hangis helfen durfte, erzählte er mir, wie die Maori die schwer zu fangenden Aale aus dem Wasser holen. Das war so unterhaltsam, dass ich ihn am liebsten bei seinem nächsten Jagdausflug begleitet hätte, aber so viel Zeit blieb leider nicht. Erzählen will ich euch von den drei Methoden trotzdem:

1. Die Traditionelle: Flachs wächst in Neuseeland wirklich überall und wird von den Maori für die Herstellung von 1000 Dinge verwendet – zum Körbeflechten, für Matten zum Abdecken des Hangis in der Erde bis hin zu Kleidungsstücken. Und eben zum Aale Fangen. Und zwar schabt man von einem Flachsblatt die grüne Deckschicht ab, so dass die Fasern zum Vorschein kommen. Daran befestigt man irgendwie den Köder (einen Wurm oder anderes Fleisch) und hält es ins Wasser. Wenn der Aal hineinbeißt, bleibt er mit seinen kleinen spitzen Alien-Zähnchen an den Fasern hängen und muss dann nur noch blitzschnell rausgezogen werden.

2. Die Methode für starke Arme: Hierfür braucht man einen robusten Stab (zum Beispiel einen Golfschläger, meinte Hairiuna und grinste), an dem man unten einen Haken samt Köder befestigt. Wenn der Aal anbeißt, zieht man den Stab schnell aus dem Wasser, schleudert ihn ein paar Mal über dem Kopf herum und lässt ihn dann sausen. Dadurch verliert der Aal die Orientierung und das ist wichtig, denn sonst hüpft er einfach wieder vom Haken. Jetzt muss man den davon geflogenen Stab nur noch in der Botanik wiederfinden, bevor der Aal wieder weiß, wo oben und unten ist, und davon schleicht.

3. Die Einfache: Mit dem entsprechenden Equipment kann man es auch leichter haben. Man braucht: Eine Reuse mit einer schlanken, tunnelförmigen Öffnung, sowie einen Köder, zum Beispiel eine perforierte Plastikflasche mit Hühnerfleisch darin. Hiermit kann man sogar mehrere Aale gleichzeitig fangen. Man muss die Reuse allerdings nachts einholen, denn bei Tageslicht finden die Tiere den Ausgang und schwimmen davon.

Klingt nach einer Menge Spaß, oder? Wer eine dieser Methoden ausprobieren möchte, muss nur ein paar wenige Regeln beachten.

Zahme Aale kann man zum Beispiel im Bencarri Nature Park (bei Takaka, Golden Bay) und im Jester House (zwischen Nelson und Motueka) anschauen und füttern. Oder auf dem DoC-Campground Stony Bay auf Coromandel. Ganz Unerschrockene, die den Ranger nett fragen, dürfen ihn möglicherweise auf einen Bush Walk zu einem Wasserfall begleiten, unter dem der Vater/Großvater/Urgroßvater all jener Aale unten auf dem Campground lebt. Ein Riesenvieh. Oder wie der der Ranger formulierte: „He’s a great old f***er“.

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