Im Sommer 2016 waren wir vier Wochen mit dem Bulli unterwegs: von Berlin bis nach Montenegro und wieder zurück. So oft es ging, haben wir wild gecampt. Was wir dabei erlebt haben, könnt ihr euch in unserem Film anschauen:
Hier kommt ihr zu unserem Profil auf Vimeo.
Ist freedom camping auf dem Balkan erlaubt?
Vor unserer Tour hatten wir in Foren und Facebook-Gruppen, in denen sich Langzeitreisende austauschen, recherchiert, wie es mit dem freien Campen so läuft in den Ländern, die auf unserer Route lagen. In Slowenien und Kroatien werde es mit hohen Bußgeldern geahndet – aber man könne es trotzdem machen, war der Tenor. Auf den Stress, uns irgendwo illegal hinzustellen und damit rechnen zu müssen, mitten in der Nacht von der Polizei geweckt zu werden, hatten wir allerdings keine Lust. Für uns besteht der Reiz nicht vorrangig darin, Geld zu sparen (natürlich ist das ein praktischer Nebeneffekt), sondern darin, dass wir uns die schönsten Flecken aussuchen können, auf denen wir dann oft völlig alleine stehen. Natur und Ruhe statt Campingplatzparzellen, auf denen wir uns wie Käfighühner fühlen.
Deshalb freuten wir uns sehr auf Montenegro und Bosnien und Herzegowina, wo Freedom Camping nach allem, was wir hörten, ziemlich entspannt gehandhabt würde: Ganz offiziell sei es zwar nicht erlaubt, werde aber toleriert. Das klang vielversprechend. Trotzdem wollten wir erst mal im Land ankommen und und dann weiterschauen und die Einheimischen fragen – so wie wir es immer machen. Ein paar Empfehlungen für schöne Stellplätze, die wir auf einem Blog entdeckt hatten, markierte ich aber schon mal in maps.me (eine Kartenapp, die wir gerne nutzen, weil man mit ihr auch offline navigieren kann).
Unsere erste Nacht in Bosnien
Unsere erste freie Stellplatzsuche stand dann allerdings unter keinem guten Vorzeichen. Wir hatten in Kroatien eine kleine Panne, die uns aufhielt (wenn auch kürzer als erwartet – die meisten Mechaniker auf dem Balkan kennen sich ziemlich gut mit T3s aus) und gerieten danach in ein Unwetter mit so viel Regen, dass wir nur noch über die Landstraße schleichen konnten. Erst am Abend erreichten wir die Grenze zu Bosnien. Der nächste Campingplatz wäre mindestens eine weitere Stunde Fahrt entfernt gewesen. Also machten wir uns auf die Suche nach einem Stellplatz – was sich irgendwie komisch anfühlte, weil wir es unter Zeitdruck tun mussten und weil wir noch gar kein Gespür für Land und Leute entwickelt hatten.
Velika Kladuša, die erste Ortschaft nach der Grenze, liegt in einem Talkessel, umgeben von sanften, zum Teil bewaldeten Hügeln. Wir guckten uns einen der Hügel aus und fuhren auf einem kleinen Sträßchen immer weiter bergauf, bis wir die letzten Häuser erreicht hatten. Kurz dahinter, zwischen Waldrand und Maisfeld, entdeckten wir eine ebene Stelle, auf der wir gut würden stehen können – und obendrein einen sensationellen Ausblick hätten.
Als wir zum Ortsrand zurück rollten, schauten die Nachbarn bereits neugierig über Zaun und Hecke. Ein unbekannter VW Bus mit deutschem Kennzeichen fällt natürlich auf. Wir grüßten freundlich und schilderten unsere Situation – zuerst auf Englisch, bis wir feststellten, dass die Leute fließend Deutsch sprachen. Wie wir später herausfanden, arbeiteten sie in Graz und besuchten über den Sommer ihre Familien. Klar könnten wir uns da oben an den Waldrand stellen, erklärte sie, aber das sei doch viel zu gefährlich, wir sollten uns lieber gleich hier in ihre Einfahrt stellen.
Camping mit Familienanschluss
Was genau da oben neben dem Maisfeld gefährlich sei, konnte uns niemand sagen, aber wir nahmen die Einladung gerne an und bekamen gleich am ersten Abend einen Vorgeschmack auf die legendäre bosnische Gastfreundschaft, von der wir schon einiges gehört hatten und die wir in den folgenden Wochen immer wieder erlebten. Am glücklichsten an diesem ersten Abend war aber die kleine Co-Jägerin, die von Lea, der zehnjährigen Enkelin unserer Gastgeber, und ihren jüngeren Cousinen sofort adoptiert wurde. Die Kinderbande hüpfte kichernd zusammen auf dem Trampolin, fütterte die Küken und pflückte Pflaumen. Und der Co-Jäger und ich durften später den Slivovitz probieren, den die Familie daraus brannte.
So viel Familienanschluss hatten wir danach nicht mehr. Aber wir entdeckten jede Menge wunderschöne Stellplätze und erlebten Bosnien als absolutes Paradies für Freedom Camping. Am Ramsko-See fragten wir ein paar Angler, die dort bereits campierten, ob es in Ordnung sei, wenn wir uns ein Stückchen weiter ans Ufer stellten. Einer der Männer erklärte uns lachend und auf Deutsch, dass es in Bosnien nicht so viele Regeln und Verbote gebe wie in Deutschland. Das Land rund um den See sei öffentlich, wir könnten uns sehr gerne ein schönes Plätzchen suchen. Sie selbst seien schon seit ein paar Tagen hier, aber weil sie bisher fast nichts gefangen hätten, würden sie morgen weiterfahren. Als wir uns verabschiedeten, gab er uns noch den Tipp, dass wir uns im Dorf oben an der Quelle auch Trinkwasser holen könnten.
Auch der Co-Jäger hatte beim Angeln im See kein Glück, dafür bekamen wir Besuch von einer Schafherde, die fröhlich bimmelnd an uns vorbei zu einem süßen Hutzelhäuschen am See lief, und rösteten später Brot am Lagerfeuer, während am Himmel über uns die ersten Sterne erschienen.
Ist es sicher, in Bosnien und Herzegowina frei zu campen?
Bosnien und Herzegowina ist das Land auf unserer Balkantour gewesen, das uns am meisten überrascht und am besten gefallen hat. Dabei hatten wir anfangs einige Bedenken, weil es dort immer noch vom Krieg übrig gebliebene Landminen gibt – und für uns der Reiz des Reisens auch darin besteht, Länder abseits der Hauptrouten zu entdecken. In Lebensgefahr begeben wollten wir uns dabei natürlich nicht. Aber wie gefährlich ist es wirklich? Diese Frage posteten wir vor unserer Reise in verschiedenen Foren und bekamen jede Menge beruhigende Antworten von Einheimischen wie auch von anderen Reisenden. Also fuhren wir nach Bosnien. Nur ein einziges Mal während unserer Tour, die uns (ihr habt es im Video gesehen) über so manche Hinterlandpiste führte, gelangten wir in eine Gegend, wo uns Einheimische davor warnten, ein Waldstück zu betreten, das sich jenseits eines Flusses befand. Es war sogar eher so, dass wir überall sehr eindeutige Hinweise fanden, ob ein Picknick- oder Stellplatz, den wir uns ausgeguckt hatten, sicher war. Es lag nämlich (leider) überall mal mehr, mal weniger Müll herum, der ganz offensichtlich gerade erst zurück gelassen worden war. Das fanden wir zwar einerseits irgendwie beruhigend, aber auch echt schade, denn er verschandelt die unglaublich schöne Landschaft, die das Land zu bieten hat.
Wir haben uns jedenfalls total in die Berge und Schluchten, die türkisblauen Seen, glasklaren Flüsse und wunderhübschen Wasserfälle verknallt (weil es die ganze Zeit affenheiß war, mussten wir mindestens ein Mal am Tag in irgendein Gewässer hüpfen) und uns bei den entspannten, gastfreundlichen Bosniern sehr wohl gefühlt.
Wimmelbild-Gewusel in Montenegro
In Montenegro hatten wir dann einen ähnlich ungünstigen Start. Wir reisten an der Adriaküste von Kroatien aus ein, wo wir erst mal eine halbe Ewigkeit am Grenzübergang stehen mussten. In einem alten Bus ohne Klimaanlage ist das alles andere als cool. Als wir endlich den erste Küstenort kurz nach der Grenze erreichten, brauchten wir dringend eine Pause. Verschwitzt und ausgehungert kletterten wir aus dem Bulli und stellten fest, das wir einen Parkschein brauchten, aber weit und breit kein Automat zu sehen war. Der Mann, der neben uns einparkte, half uns dann nicht nur mit der Parkkarte (die es beim Kiosk gab und von Hand ausgefüllt werden musste), sondern empfahl uns auch noch ein richtig gutes Restaurant, das wir auf der trubelig-touristischen Strandpromenade sonst mit Sicherheit übersehen hätten. Dort saßen wir dann auf einer schattigen Dachterrasse, aßen schwarzes Risotto und gegrillten Fisch, und blickten ungläubig auf den Strand unterhalb des Restaurants, der uns an ein Wimmelbild erinnerte. Mit solchen Menschenmassen hatten wir nicht gerechnet: Am Strand stand Liegestuhl neben Liegestuhl und im Wasser war es etwa so voll wie in einem Kreuzberger Freibad bei 35°C.
Nach zwei Tagen auf einem kleinen Campingplatz ein paar Kilometer weiter, wo wir neben Feigenbäumchen direkt am Meer standen, ließen wir die (eigentlich wunderschöne) Bucht von Kotor hinter uns und fuhren ins Hinterland. Und da machte es dann wieder Spaß, nach Plätzen zum freien Campen Ausschau zu halten. In der Nähe von Niksic zum Beispiel stellten wir uns an einen großen Stausee. Während wir darin plantschten, hörten wir plötzlich ein Glöckchen klingeln, was bei mir sofort einen Pavlovschen Reflex auslöste: „Der Eismann kommt!“, dachte ich. „Perfekt!“ Tatsächlich kamen dann aber ein paar Kühe und Schafe zum Trinken an den See gelaufen. Am nächsten Morgen bimmelten die kleine Herde dann in die entgegengesetzte Richtung an unserem Bulli vorbei.
Auch kommerzielle Campingplätze können schön sein
Für uns geht es beim (wilden) Campen vor allem darum, schöne Stellplätze in der Natur zu finden – und in Montenegro fanden wir diese teilweise sogar in Form von offiziellen Campingplätzen. Im Durmitor Nationalpark verbrachten wir zwei Nächte auf regnerisch-kühlen 1700 Metern Höhe (was wir zur Abwechslung ganz angenehm fanden) auf einer Almwiese, neben die einfache Duschen und eine große Gemeinschaftsküche gebaut worden waren. Nachdem sich die Regenwolke verzogen, hatten wir einen tollen Blick auf die umstehenden Berge. Die Übernachtung war günstig und wir trafen mal wieder andere Backpacker, mit denen wir Empfehlungen austauschen konnten. Und an der Grenze zu Bosnien fuhren wir kilometerweit über Schotterpisten in die Tara-Schlucht hinein und hinunter, bis wir Camp Grab erreichten, das sich als eine Art Camping-Resort in der Wildnis entpuppte. Neben einem riesigen Grundstück, auf dem wir fast alleine auf weiter Flur standen, gab es dort auch ein paar einfache Bungalows und ein Restaurant direkt am Fluss, in dem die einquartierten Gruppen (eine französische Schulklasse, ein paar Deutsche, die zum Wandern und Rafting gekommen waren) mit typisch montenegrinischem Essen versorgt wurden und wir frisches Brot (selbst gebacken!) und fein-aromatischen Schinken (vor Ort geräuchert!) bekamen. Gekocht haben wir allerdings selbst – nämlich die Forelle, die der Co-Jäger dort aus dem Fluss zog. Abends saßen wir am Lagerfeuer, das die Mitarbeiter für die Gäste entzündet hatten.
Unser Fazit
Wir haben in beiden Ländern wunderschöne freie Stellplätze gefunden. In Bosnien und Herzegowina haben wir auch viele Einheimische getroffen, die wild campen, und hatten den Eindruck, dass es etwas ganz Normales ist. Wir haben außerdem sehr viel Gastfreundschaft und Offenheit erlebt. In Montenegro fühlte es sich eher so an als werde das wilde Campen toleriert oder freundlich darüber hinweg gesehen, wenn irgendwo ein Camper oder Zelt herumsteht. In beiden Ländern haben wir aber auch so schöne, naturnahe und bezahlbare Campingplätze gefunden, oft mit sehr netten Gastgebern, dass wir es gar nicht schlimm fanden, wenn wir am Ende eines Tages auf so einem Stellplatz landeten.
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