Fotograf: Martin Ritter
Zwei Mal durften wir mit unserem Bulli auf dem Waldparkplatz der Brauerei Haberstumpf campen. Wir haben das unglaublich gute Bier genossen und überrascht festgestellt, dass die junge, zierliche Frau am Zapfhahn auch die verantwortliche Braumeisterin ist. Das wollten wir genauer wissen – und haben Yvonne Wernlein um ein Interview gebeten.
Letzten Sommer waren wir ja mit unserem Bulli auf dem Balkan. Und weil der leider nicht direkt hinter Berlin beginnt, mussten wir auf dem Heimweg wieder quer durch Deutschland fahren. Einfach nur Straßenkilometer machen, das mögen wir ja nicht so. Deshalb haben wir uns für die Strecke von Österreich bis Berlin drei Tage Zeit genommen und sind von einem Landvergnügen-Hof zum nächsten gefahren.
Dass wir im Bierland Franken einen Stopp einlegen würden, war für den Co-Jäger und mich sofort ausgemachte Sache. Und zwar in Trebgast, wo wir auf unserer Bulli-Sommer-Tour 2015 schon mal zu Gast waren.
Trebgast ist ein sehr charmanter Ort, der zwar nur etwa 1600 Einwohner hat, aber trotzdem einen tollen Bäcker, einen sehr guten Metzger, ein Naturschwimmbad an einem sehr schönen Badesee und eine erstklassige Gasthaus-Brauerei. Weil sie oben am Berg liegt, etwas außerhalb des Ortes, sitzt man im Biergarten wie in einem Nest mit tollem Fernblick. Als Tüpfelchen auf dem i (zumindest für Durchreisende wie uns) liegt Trebgast nur einen Katzensprung von der A9 entfernt. Auf dem lauschigen Waldparkplatz der Brauerei Haberstumpf haben wir wieder sehr schön und ruhig mit unserem Bulli gestanden und zum Abendessen das wirklich gute Bier des Hauses genossen.
Die Brauerei ist ein kleiner Familienbetrieb, so dass wir das Glück hatten, von der Braumeisterin selbst unser Zwickel und Dunkles gezapft zu bekommen und ihr ein paar Fragen stellen zu können. Nachdem wir das zweite Mal dort waren, habe ich Yvonne Wernlein dann ganz offiziell um ein Interview gebeten. Denn die Tatsache, dass sie im Alter von gerade mal 23 Jahren als Braumeisterin den heimischen Betrieb übernommen hat, hat mich neugierig gemacht. Außerdem fanden wir die Haberstumpf-Biere wirklich ausgesprochen gut – und das will etwas heißen in einer Region, in der die Messlatte sowieso schon ziemlich hoch liegt.
„Wer Bier brauen will, darf nicht empfindlich sein“, kommentiert Yvonne Wernlein trocken, als ich sie frage, warum es nur so wenige weibliche Brauer gibt – und was man beziehungsweise frau für den Beruf mitbringen sollte. Gerade bei den kleinen Brauereien sei die Bierherstellung noch echte Handarbeit: „Man muss schwer heben und im warmen Sudhaus genauso wie im kalten Lagerkeller arbeiten können“, erklärt sie. In ihrem Betrieb müsse sie sogar die großen Brautanks noch von Hand reinigen.
Obwohl Yvonne Wernlein schon als Kind ihrem Vater im Sudhaus zuschauen und auch mal ein Rädchen drehen durfte, war auch für sie nicht von vorneherein klar, dass sie diesen Beruf ergreifen würde. „Es war eher ein ‚Ich kann es ja mal probieren’“, meint sie. In der Ausbildung war sie dann eine von gerade mal drei Frauen unter 30 Männern. Und als sie sich entschloss weiter zu machen, war sie im Braumeisterjahrgang dann sogar die einzige Frau. Aber die Entscheidung war die richtige: Heute liebt sie ihren Beruf. „Wenn ich in den Braukeller gehe und mir die typische kalte Luft mit dem leichten Biergeruch entgegen schlägt, dann geht mir ‚Hach, schön!‘ durch den Kopf.“
Sieben verschiedene Biere braut die Meisterin üblicherweise im Wechsel, zwei davon in Bioqualität, alle mit Aromahopfen. Für jeden 5000-Liter-Tank schrotet sie rund 800 Kilogramm Malz, vermischt (maischt) es mit Wasser, erhitzt es, damit die Geschmacksstoffe in die Flüssigkeit gelangen, holt nach einigen Stunden alle Feststoffe heraus, kocht dann die verbleibende Würze, gibt den Hopfen hinzu, kühlt die Flüssigkeit wieder herunter, gibt die Hefe hinzu, lässt den Sud mehrere Tage gären, schaut während dessen immer wieder nach dem Gebräu, denn die Hefe ist ein lebendiger Organismus, der auch für erfahrene Brauer immer wieder Überraschungen bereit hält, und füllt schließlich das fertige Bier in Fässer beziehungsweise lässt es einige Ortschaften weiter in Flaschen abfüllen. Die Biobiere, das Weißbier, das helle und dunkle Bockbier filtriert sie nicht, das Pils und Zwickel nur für die Flaschenabfüllung. Vier wechselnde Biere werden in der zur Brauerei gehörenden Gaststätte vom Fass ausgeschenkt. Dazu kann man im Biergarten mit Panoramablick gut essen, einige Spezialitäten werden sogar mit Haberstumpf Bier zubereitet.
Dass die Zutaten – Hopfen aus der Hallertau, Getreide aus Franken, das in Kulmbach zu Malz verarbeitet wird – aus der Region stammen, ist dabei kein Zufall. Die guten und reichlich vorhandenen Rohstoffe waren einst der Grund dafür, dass in Bayern die größte Brauereidichte der Welt entstand. Noch ist das so – obwohl viele kleine Brauereien in den letzten Jahrzehnten aufgekauft wurden oder aufgeben mussten.
Den Craft Beer Hype beobachtet Yvonne Wernlein daher mit gemischten Gefühlen. „Ich mag den Ausdruck nicht, denn „handwerkliches Bier“ machen wir hier in Trebgast schon seit 1531“, sagt sie. „Aber ich freue mich, dass das Bier dadurch weg kommt vom Bauarbeitergetränk und wieder als Genussmittel geschätzt wird. Inzwischen trauen sich Leute sogar, zu einem guten Essen Bier statt einer Flasche Wein auf den Tisch zu stellen.“ Sie selbst trinkt am liebsten ein Zwickel oder Weißbier, natürlich aus Franken: „Unser Bier ist wegen des weichen Wassers nicht so herb wie im Norden. Und es hat einen sehr angenehmen Duft.“
Unsere Favoriten waren das unfiltrierte Dunkle und das Zwickel. Mmmmmmmmmmmh. Wir kommen ganz bestimmt wieder!
Brauerei Haberstumpf, Bergstraße 31, 95367 Trebgast, Tel.09227/351, www.brauerei-haberstumpf.de
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