Auch auf dem Rückweg nach Berlin wollen wir in Kroatien nur einen kurzen Stopp einlegen. Und dieses Mal erleben wir ein völlig anderes Land als an der Adriaküste und in Dubrovnik, wo wir auf den Spuren von Game of Thrones unterwegs waren – und vor den Menschenmassen flüchteten.
Fast vier Wochen sind wir jetzt schon mit unserem Bulli auf dem Balkan unterwegs. Unser Roadtrip hat uns bis nach Montenegro geführt und in einem großen Bogen zurück nach Bosnien, wo wir letzte Nacht beim (vermeintlich) wilden Campen auf dem Grundstück eines entzückenden älteren Paares in einem idyllischen Flusstal nahe Banja Luka gelandet sind. Nachdem wir morgens noch zusammen einen starken Bosnischen Mokka getrunken und (auf Deutsch!) geplaudert haben, müssen wir uns leider auf den Weg machen. Eine lange Tagesetappe liegt vor uns.
Ganz in der Nähe der Autobahn E70, auf der wir Kroatien in Richtung Heimat durchqueren wollen, entdecken wir das Landschaftsschutzgebiet Lonjsko Polje auf unserer Straßenkarte. Genauer gesagt, entdecken wir erst mal einen Fluss, der sich in übermütigen Kringeln durch eine sehr grün eingezeichnete Landschaft schlängelt. Das sieht schon mal viel versprechend aus, finden wir. Drum herum sind nur wenige und kleine Ortschaften eingezeichnet. Freund Google behauptet aber, es gäbe dort ein oder zwei Campingplätze.
Die Aussicht, nicht nur Strecke machen zu müssen, sondern womöglich auch noch einen schönen Stopp einlegen zu können, ist sehr sehr verlockend. Ohne lange zu überlegen, entscheiden wir uns für den Abstecher nach Lonjsko Polje – und entdecken so ganz unerwartet eine sehr ursprüngliche, landschaftlich wunderschöne und nahezu untouristische Ecke Kroatiens.
Bei Novska fahren wir von der Autobahn. Wir heben im Ort noch kurz ein paar Kuna ab und holen uns ein Eis (ja, auch im Hinterland ist es hochsommerlich warm). Dann mäandern wir auf einer kleinen Straße, auf der uns nur sehr wenige Autos entgegen kommen, am Fluss Sava entlang, der sich noch genau so unbändig durch die Landschaft schlängeln darf wie er das wahrscheinlich schon seit seiner Entstehung tut. Manchmal versteckt er sich hinter Bäumen und Schilf, dann wieder präsentiert er sich uns als breite, träge daliegende Wasserfläche. Wir fahren durch winzige Dörfer, deren Holzhäuschen so alt und mit kunstvollen Schnitzereien verziert sind, dass sie genau so gut in einem Freilichtmuseum stehen könnten.
Wir hatten damit gerechnet, etwas länger nach einem Campingplatz suchen zu müssen. Tatsächlich aber sehen wir mehrfach Schilder, die auf Agrotourismo oder Camping hinweisen, teilweise sind es einfach nur ein, zwei Stellplätze im Garten eines Hauses oder ein Gästezimmer. Im Örtchen Lonja halten wir schließlich an. Eine große Wiese am Straßenrand, gesäumt von einem Maisfeld auf der einen und Wald auf der anderen Seite, ist dort als Campingplatz ausgewiesen. Wir entdecken auch noch einen hübschen Ziehbrunnen, eine Feuerstelle (yeah!) und sogar eine Schaukel. Perfekt!
Die Nachbarn grüßen freundlich und geben uns gestikulierend zu verstehen, dass der Zuständige irgendwann zum Kassieren vorbei kommen wird. Also suchen wir uns einfach den schönsten Stellplatz aus und schauen dann dabei zu, wie die zugewucherte Wiese nebenan von einem Traktor abgemäht wird. Genauer gesagt wird das mannshohe Gestrüpp von den wirbelnden Messern des Mähaufsatzes innerhalb von Sekunden in grüne Fitzelchen verwandelt. Nicht nur die kleine Co-Jägerin ist schwer beeindruckt.
Ein paar Meter neben unserem Bulli, getrennt durch einen windschiefen Zaun, befindet sich ein kleiner Stall, in dem wir zwei oder drei Schweine grunzen hören. Als der Nachbar, ein älterer Herr, die Begeisterung der kleinen Co-Jägerin für seine Tiere bemerkt, dürfen wir ihn zum Füttern begleiten. Und bekommen auch noch eine Schubkarre voll Brennholz geschenkt, damit wir ein Lagerfeuer machen können. Er spricht zwar nur ein paar Brocken Deutsch, das hält ihn aber nicht davon ab, sich den Rest des Abends angeregt mit uns zu unterhalten. Begeistert erzählt er uns vom „Motor-Schnaps“, den er selbst herstellt, und vom Käse der Nachbarin, den wir unbedingt probieren müssten.
Als das Feuer brennt, verschwindet er kurz und kommt dann mit den versprochenen Spezialitäten wieder. Der Käse entpuppt sich als relativ fest gepresste, etwa handtellergroße Frischkäsetaler, die keinen Schönheitswettbewerb gewinnen würden, aber wirklich gut schmecken: intensiv nach Schafmilch, recht salzig und der gewürzte noch dazu leicht nach Paprika mit einer angenehmen Schärfe. Hinter dem „Motor-Schnaps“ verbirgt sich ein sehr süßer, sehr hochprozentiger Kirschlikör, der sich in einer Flasche befindet, welche die Form eines Motorrades hat…
Die kleine Co-Jägerin röstet glücklich Brotscheiben im Lagerfeuer, über uns spannt sich ein tiefschwarzer, millionenfach gepunkteter Nachthimmel und nur ein paar Meter entfernt hören wir Wildschweine durchs Unterholz krachen. Als uns gerade klar wird, dass der Nachbar vorhat, die ganze Likörflasche mit uns zu leeren, kommt noch ein Auto auf den Campingplatz gefahren. Es ist eine belgische Familie, die sich beim Wandern im Naturschutzgebiet total verlaufen hat. Im Licht der Scheinwerfer bauen sie ihr Zelt auf, während ihre beiden Kinder sich begeistert zu uns ans Lagerfeuer setzen. Wir sind sehr froh, als der Nachbar jetzt unser „Nein“ zum Nachschenken akzeptiert.
- Tipp: Der Campingplatz Zelen-Gaj befindet sich im Örtchen Lonja (> Karte), er hat moderne und saubere Toiletten und Duschen mit warmem Wasser. Wir haben für die Nacht etwa 18 Euro bezahlt, die Preisliste sah für größere Wohnmobile aber noch mehr vor. Wer einfach auf dem kleinen Sträßchen am Fluss entlang fährt, wird einige Übernachtungs- und Campingmöglichkeiten entdecken und vermutlich auch spontan buchen können – obwohl wir in der Hauptsaison dort waren, war nicht viel los.
Am nächsten Morgen machen wir einen Spaziergang runter zum Fluss. Über dem Wasser steht noch Nebel, der sich ganz langsam in der Sonne auflöst. Eine wunderschöne Atmosphäre. Während wir dann den Bus startklar machen, spielt die kleine Co-Jägerin mit den beiden belgischen Kindern Kaufmannsladen. Das Sortiment besteht aus Blüten, Holzstückchen, Zapfen und Blättern, bezahlt wird mit ein paar Stückchen Aluminiumfolie. Angeregt führen sie auf Flämisch und Deutsch Verkaufsgespräche und obwohl sie höchstens mal ein zufälliges Wort verstehen, verstehen sie sich dabei großartig.
Irgendwann müssen wir uns verabschieden. Wir beneiden die belgische Familie, die noch einige Tage in Lonjsko Polje Urlaub machen kann und an diesem Tag erstmal eine bessere Wanderkarte aufzutreiben versucht. Unser nächstes Etappenziel ist bereits Maribor in Slowenien.
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