Einen Tag bevor in Neuseeland die großen Ferien losgingen haben wir Auckland auf unserem Weg nach Norden durchquert. Nach einer Stunde Großstadtgewusel, dreispurigen Highways und hupenden Autofahrern (jaja, der Vorweihnachtsstress) waren wir heilfroh, den Trubel hinter uns lassen können. Erstaunlich, wie entschleunigt wir nach nur ein paar Monate auf neuseeländischen Hinterlandstraßen und Gravelroads sind, schließlich leben wir ja in Berlin und setzen uns dem dortigen Verkehr sogar regelmäßig auf dem Fahrrad aus. So richtig froh waren wir dann am Tag danach, als wir auf Stuff.co.nz lasen, dass irgendjemand sich auf eine Brücke über den SHW 1 gesetzt hatte. Die Polizei musste stundenlang alles absperren. Megastau.
Da hatten wir bereits eine sehr schöne Nacht auf einem freedom camping spot bei Orewa verbracht, direkt am Strand unter einem riesigen, rot blühenden Pohutukawabaum. Auf dem SHW 1 fuhren wir weiter nach Norden und plötzlich stand dieses Schild am Straßenrand: Hot Hangi – 100m. Zeit genug für die blitzschnelle Entscheidung: Wollen wir probieren.
Eigentlich wird Hangi, das traditionelle Maori-Festmahl, im Erdofen gegart und bis man das butterzart gegarte Essen auf dem Teller hat, braucht es viele helfende Hände und eine längere Vor- und Zubereitungszeit. Slow Food in seiner ursprünglichsten Form also. Bei meinem ersten Neuseelandbesuch 2006 habe ich in Rotorua ein Hangi erlebt, man kann das dort als „cultural experience“ buchen. Das Essen war bereits fertig, als wir, eine sehr große Gästegruppe, ankamen, aber wir konnten noch die Erdgrube sehen, in der es zubereitet worden war.
Traditionell ist der Ablauf so: Man gräbt ein Loch in den Boden und legt glühende Steine hinein. Das Essen wird in einen Korb gestapelt, der auf die Steine gestellt wird: Zuunterst das Fleisch (Schwein, Lamm und/oder Huhn), darauf das Gemüse (typischerweise Kumara, Kartoffeln, Karotten, Kürbis, Zwiebeln). Früher waren die Körbe aus geflochtenem Flachs, heute sind sie meist aus Metall und das Essen wird in Alufolie verpackt. Dann werden die Steine befeuchtet, um Dampf zu erzeugen, und anschließend wird die Grube ganz schnell mit Flachsmatten, Laub und/ oder Säcken und schließlich Erde abgedichtet. Fertig ist der Natur-Drucktopf, in dem das Essen mindestens drei Stunden lang (manchmal auch über Nacht) dampfgegart wird.
Fleisch und Gemüse werden dabei nicht nur schonend zubereitet, sondern erhalten auch ein ganz besonderes Aroma: Zum einen verdampfen die herabtropfenden Säfte auf den Steinen und steigen wieder auf. Profis spielen außerdem mit der Art Erde, in der sie das Hangi kochen, den Blättern, die zum Abdichten verwendet werden, der Temperatur der Steine und natürlich der Kombination der Zutaten und wie sie übereinander gestapelt werden auf der Aromen-Klaviatur. Sehr schön wird das auf http://www.genuinemaoricuisine.com/Folders/Hangi.html beschrieben).
Das „Hot Hangi“-Schild am Straßenrand verwies allerdings auf einen kleinem Autoanhänger mit einer massiven Metallbox darauf. Ist das überhaupt noch ein echtes Hangi, fragen sich manche. Oder ist es schon Convenience Food, wenn nicht einmal mehr eine Grube ausgehoben werden muss? Zumindest wird das Essen auch hierin mindestens drei Stunden lang dampfgegart. Was denn in der Box sei, frage ich den gemütlichen Maori, als er aus seinem Auto steigt und mein „Hello“ mit einem „Kia Ora“ erwidert. „Mutton, Kumara, Pumpkin and Stuffing“, macht er mir den Mund wässrig, holt ein in Alufolie verpacktes Päckchen heraus und öffnet es kurz, um mir den Inhalt zu zeigen. Ich kaufe eine Portion ($12) als Lunchsnack, die er in zusätzliches Zeitungspapier einwickelt. Als wir zwei Stunden später an den Kai Iwi Lakes den perfekten Picknickplatz gefunden haben, ist das Essen immer noch warm.
Das Fleisch ist sehr zart und aromatisch (aber auch reichlich fettig), Kürbis und Süßkartoffel sogar zu Püree verkocht. Prima für unser backenzahnloses Baby! Nachdem ich sie eine Weile lang mit Happen gefüttert habe, greift sie plötzlich mit beiden Händen nach der Schwarte und steckt sie sich in den Mund. Oder vielmehr: Ins Gesicht, denn sie ist zu groß für ihre kleine Schnute. Schaut uns kurz verwundert an, weil wir lachen müssen, und nuckelt dann genüsslich auf dem Fett herum.
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