Als ich das zerfledderte Kochbuch in die Hand nahm und den Titel las, ahnte ich bereits, dass ich einen Schatz gefunden hatte: Die Rezepte in diesem Werk von 1965 wurden von der Frauenabteilung der Vereinigten Farmer Neuseelands zusammengestellt. Das klang grundsolide und ganz nah dran an der Scholle beziehungsweise am Schaf. Als ich ein wenig darin geblättert hatte, wurde die Ahnung zur Gewissheit. Die leicht vergilbten Seiten sind dicht an dicht bedruckt mit Rezepten, kein Foto oder auch nur eine Illustration vergeudet unnötigen Platz. Dafür sind immer wieder Tipps eingestreut, die vermutlich seit Generationen von Hausfrauen an ihre Töchter weitergegeben werden. Und das Ganze für $3.
Ich hatte das Kochbuch in einem Korb mit alten Büchern entdeckt, der zwischen verwaisten Porzellantassen mit Blümchenmuster, jahrzehntealtem Kinderspielzeug, ein paar Möbelstücken und Schälchen mit Schmuck stand. Ganz unverhofft hatte dieser kleine Trödelladen im winzigen Ophir (das wie so viele in Central Otago irgendwann während des Goldrausches vor 150 Jahren eine Kleinstadt war, woran ein paar hübsch restaurierte Gebäude erinnern) an einem Sonntag geöffnet.
Schon das Vorwort ließ meine Erwartungen in die Höhe schnellen. Eine Ellenor C. Watson blickt darin stolz auf die bereits 12 vorangegangenen Ausgaben zurück, die ungezählte „country brides“ (wie übersetzt man das? Jungvermählte Landfrauen?) dabei unterstützt haben, bessere Köchinnen zu werden und dadurch „happier homes“ zu schaffen. Denn der Mensch kann zwar auf vieles verzichten – aber ohne Essen geht es einfach nicht, wie sie abschließend ganz poetisch feststellt:
„We may live without books – what is knowledge but grieving?
We may live without hope – what is hope but deceiving?
We may live without love – what is passion but pining?
But where is the man that can live without dining?“
Eingeteilt ist das Buch in Kategorien, die einer neuseeländischen Hausfrau absolut logisch erscheinen mögen – neben den für mich nachvollziehbaren Soup, Fish & Fish Sauces und Meats gibt es unter anderem „Egg Dishes“, „Squares & Slices“ und gleich drei Pudding-Kapitel (baked, steamed und Yorkshire) – ich werde darin sicherlich auf gut Glück stöbern müssen, sollte ich einmal ein bestimmtes Rezept suchen. Einen Gesamtindex gibt es leider nicht. Vielleicht verwende ich das Kochbuch aber auch einfach als Inspirationsquelle, es gibt nämlich auch sehr vielversprechend überschriebene Kapitel wie „Picnic Fare“, „New Ways with Vegetables“, „School Lunches“ oder „Sandwich Fillings“.
Schon mal markiert habe ich mir beim Durchblättern jene Seiten, auf denen sich die Pie-Rezepte befinden (dafür gibt es gleich mehrere). Und dank der ebenfalls vorhandenen Keks-und-Kuchen-Sektion in diesem wunderbaren Standardwerk werde ich auch zuhause nicht ohne Gingernuts leben müssen. Nach diesen harten, süß und leicht scharf schmeckenden Keksen bin ich nämlich genauso süchtig wie nach den deftigen Pasteten.
The Barn, Ophir, geöffnet Sa & So 12-16 Uhr
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