Seoul: Wo der Fischmarkt Feinschmeckerparadies und Abenteuerspielplatz zugleich ist


Wenn man mit der U-Bahn zum Fischmarkt in Seoul fährt, merkt man schon beim Aussteigen, dass man die richtige Station erwischt hat: Ein ahnungsvoller Geruch liegt in der Luft. Die Nase führte uns dann auch relativ zielsicher auf eine Fußgängerbrücke, die den Bahnhof direkt mit dem Markt, einem großen Flachbau, verbindet. Für alle Fälle ist der Weg außerdem beschildert, freundlicherweise auch auf Englisch. Die Anreise mit der Bahn hat einen großen Vorteil: Man betritt den Markt von oben, das heißt, man landet auf einer Galerie, von der aus man die gesamte Halle überblicken kann.

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Auch wenn man die Details in den Kisten und Aquarien von dort oben nicht erkennen kann: Die schiere Angebotsvielfalt und Masse haut einen fast um.

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Hätte unser Kind nicht irgendwann in der Trage auf dem Rücken des Co-Jägers zu zappeln angefangen, wir hätten das Gewusel sicherlich noch eine ganze Weile von oben bestaunt. Aber neugierig waren wir auch. Und wir hatten Appetit mitgebracht – der sich wacker mit dem intensiven Fischgeruch um die Vorherrschaft über unseren Magen schlug. Also nix wie rein ins Getümmel.

Für unseren fünftägigen Stopover in Seoul, auf dem Heimflug von Neuseeland, hatten wir uns bewusst nichts vorgenommen. Bis auf diese eine Sache: den Noryangjin Fischmarkt wollten wir unbedingt sehen. Und uns einmal querbeet schnabulieren, denn wir hatten gehört, dass man sich dort den Fisch, die Muscheln, Schnecken, Krebse, Oktopusse, Garnelen und was es sonst noch an fangfrischem Meeresgetier zu kaufen gibt, direkt in kleinen Restaurants zubereiten lassen kann.

Was soll ich sagen: Unsere Vorfreude, die sich über sechs Monate lang steigern konnte, hatte sich gelohnt.

Wir spazieren über den Markt, begutachten das Angebot der ersten Stände, das sich doch jeweils ein bisschen oder sogar ganz erheblich von einander unterscheidet und das, je weiter man nach hinten in die Halle kommt, immer günstiger aber auch schlechter wird. Noch bevor wir das Ende der ersten Reihe erreicht haben, wird uns klar: Das Schlaraffenland ist hier Feinschmeckerparadies und Abenteuerspielplatz gleichzeitig.

Die Stachelrochen beispielsweise kann man zwar essen, sie benötigen jedoch eine spezielle Zubereitung. Zumindest glaube ich, dass der Händler das zu uns gesagt hat, als wir Kaufinteresse signalisieren. Als die Verständigung auf Englisch ins Stocken gerät, hält er uns kurzerhand ein Tier unter die Nase. Es riecht beißend nach Ammoniak und erinnert mich an eine Hai-Spezialität, die ich mal in Island probiert habe … Hm, danke, heute lieber nicht.

Einige Händler bieten lebende Baby-Oktopusse an, die dicht gedrängt in kleinen Aquarien dümpeln. Wann immer eine Hand ins Wasser greift, bewegen sich hunderte feiner, mit Saugnäpfen besetzte Tentakel panisch in alle Richtungen. Ein verstörender Anblick. Der sich aber noch steigern ließe: Eine koreanische Spezialität ist nämlich Oktopus Sashimi. Das Tier wird einfach in mundgerechte Portionen zerhackt und dann so schnell an den Tisch gebracht, dass die Teile noch auf dem Teller zucken. Nein, das liegt wirklich weit über meiner Ekelgrenze.

Meeresschnecke haben wir bereits auf Muuido probiert und Seeigel in Neuseeland. Bleiben also nur gefühlt 500 Sorten Fisch, Muscheln und Krebsgetier zur Auswahl.

Wir entscheiden uns für vier Jakobsmuscheln (für knapp 3 Euro), zwei Riesengarnelen (5 Euro) und einen uns unbekannten Fisch (knapp 10 Euro). Dann steigen wir wieder die Treppen auf die Galerie hinauf, wo sich die Restaurants befinden, und betreten eines, in dem es sich bereits einige koreanische Familien schmecken lassen. Wir werden freundlich begrüßt, unser Einkauf mit flinken Händen auf ein Tablett gelegt und begutachtet. Dann lautet die Empfehlung: Garnelen grillen, Muscheln dampfgaren und den Fisch in einer Brühe mit Gemüse kochen. Klingt gut, finden wir, und besetzen den letzten freien Tisch in einer Ecke.

Kaum haben wir unsere viel zu langen Beine unter die niedrige Tischplatte gefaltet (während unsere einjährige Tochter in lässiger Pose daran lehnt), werden auch schon wieder jede Menge Beilagentellerchen und Schälchen mit Saucen vor uns gestellt. Und genauso zügig geht es auch weiter.

Das Fleisch der Jakobsmuscheln, geformt wie ein dicker Taler, ist ganz zart und schmeckt dezent nach Fisch. Welch ein Gegensatz zu den paar Malen, als ich sie in gehobenen Restaurants probiert habe – ich habe sie als langweilig im Geschmack und mit gummiartigem Fleisch in Erinnerung, weshalb ich sie bislang ziemlich überbewertet fand. Die gegrillten Riesengarnelen sind auf den Punkt gegart und viel zu schnell verputzt, davon hätten wir ruhig ein paar mehr nehmen können. Wir müssen an unser Crayfish-Essen bei Nin’s Bin in Neuseeland denken: Dort haben wir für eine nicht mal gleichgroße Portion rund 40 Euro bezahlt, obwohl die Langusten dort mehr oder weniger direkt vor dem Imbissbüdchen aus dem Meer gesammelt werden, wie uns der Inhaber erzählte. Am Besten schmeckt uns allerdings der Fisch, der in einem Topf mit noch brodelndem Sud an unseren Tisch gebracht wird. Der Fisch selbst hat festes, weißes Fleisch, das wir mögen, aber das absolute Tüpfelchen auf dem i ist dieser Fond: Himm-lisch. Nachdem wir den Fisch aufgegessen haben, geben wir etwas Reis in den Pott und löffeln ihn bis auf den letzten Tropfen aus.

Für die Zubereitung unseres Markteinkaufes und die Beilagen haben wir noch einmal etwa 28 Euro bezahlt. Alles in allem war es also kein super günstiges Essen, aber es war seinen Preis absolut wert. Würde ich hier wohnen, ich käme bestimmt jede Woche auf den Markt. Es gibt noch so viel mehr, das ich gerne kosten würde – und das Angebot ändert sich ja auch von Tag zu Tag und von Monat zu Monat ein bisschen. Beim nächsten Mal möchte ich auch unbedingt eine Auktion miterleben. Jede Nacht ab 1 Uhr bieten Händler und Großeinkäufer auf den Fang der Fischer; das dauert ein paar Stunden, dann hat sich das Tagesangebot auf die Aquarien, Kisten und mit Eis bedeckten Verkaufstische in der Halle verteilt.

Noryangjin Fisheries Wholesale Market, 688, Nodeul-ro, Dongjak-gu, Seoul. Die Seite des Marktes ist nur auf koreanisch verfügbar, aber VisitSeoul.net hat alle Informationen auf Englisch. Der Markt ist 365 Tage im Jahr rund um die Uhr geöffnet.

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Kommentare

2 Antworten zu „Seoul: Wo der Fischmarkt Feinschmeckerparadies und Abenteuerspielplatz zugleich ist“

  1. Avatar von Heike

    Hallo liebe Julia,
    OHA DAS ist ja nun auch genau mein Ding! Das werde ich bei meinem Seoul Besuch auf meine To Do Liste setzen! Vielen Dank für den Blogpost. Der Fischmarkt in Seoul wird meine ‚rund um die Welt Fischmarkt Erinnerungen‘ erweitern.
    Gut zu lesen, dass ihr euch nichts vorgenommen habt für Seoul. So ähnlich habe ich das auch vor. Kann aber eben auch in die Hose gehen 😀

  2. Avatar von Julia
    Julia

    Liebe Heike, auf welchen Fischmärkten warst du denn schon? Womöglich auch auf dem in Tokyo? Der steht auch noch weit oben auf meiner Will-Ich-Sehen-Liste!

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