Mein Plan war es, mich einmal quer durchs Land zu schnabulieren. Und beim Couchsurfing ein Stück Israel jenseits der Tagesschau-Bilder kennenzulernen. Meine erste Solo-Reise seit langem (genauer gesagt: seit ich Mama bin) war toll – und viel zu schnell vorbei!
„Warum wolltest Du nach Israel kommen?“, ist die Frage, die mir in dieser Woche am häufigsten gestellt wurde. Dem Grenzer am Flughafen habe ich ganz knapp „Urlaub“ geantwortet, bei allen anderen habe ich es mit einer ausführlicheren Erklärung versucht, denn es gab nicht den einen Grund:
- Weil ich neugierig war auf dieses vielschichtige Land.
- Weil ich es spannend finde, auf derart historischem Boden zu stehen und das, was man aus Geschichten kennt, in Echt zu erleben.
- Weil ich auf früheren Reisen und in Berlin schon einige sehr nette Israelis kennengelernt hatte.
- Weil ich mir wegen der Einwanderer aus aller Welt viele kulinarische Entdeckungen versprach.
- Weil die Flüge äußerst günstig waren.
- Weil im Februar der Berliner Winter nicht mehr auszuhalten ist und ich unbedingt ins Warme wollte.
- Weil mich der Mix aus Meer und Strand, Bergen und Wüste, historischen und modernen Städten reizte.
- Weil ich schon als Kind, nachdem ich in einem Asterix & Obelix-Buch von diesem ulkigen Toten Meer gelesen hatte, auch mal drin (oder eher: drauf) schwimmen wollte.
- Weil Israel eine überschaubare Größe hat und ich in der einen kurzen Woche nicht auch noch Zeit mit langen Fahrten verplempern wollte.
„Ist das nicht gefährlich?“, ist die Frage, die mir von Familie, Freunden und Kollegen vor meiner Abreise am häufigsten gestellt wurde. Nicht von allen! Einige haben auch leuchtende Augen bekommen, mir Empfehlungen aufgeschrieben und wären am liebsten (nochmal) mitgereist. Aber die Angst vor möglichen Anschlägen war bei einigen doch ziemlich präsent und auch Couchsurfing ist nicht jedermanns Sache. Schließlich übernachtet man privat bei wildfremden Menschen.
„Couchsurfers are friends you just haven’t met yet.“ So steht es auf der Seite der Plattform und genau so habe ich es erlebt. Alle Couchsurfer verbindet die Leidenschaft fürs Reisen, das ist, finde ich, schon mal eine sehr starke Gemeinsamkeit. Außerdem kann man sich die Selbstbeschreibung des potenziellen Gastgebers und die Kommentare/Bewertungen früherer Gäste durchlesen und dadurch schon eine Idee bekommen, ob das jemand ist, bei dem man sich wohlfühlen würde. Man kann in den Profilen auch nach weiteren ähnlichen Interessen suchen. Libat zum Beispiel war genau wie ich längere Zeit in Neuseeland und Nadav arbeitet als Koch in einem der Restaurants auf dem Markt in Jerusalem.
Tatsächlich habe ich mich als Couchsurferin sogar sicherer gefühlt. Denn die Einheimischen wissen am besten, wo es möglicherweise gefährlich ist oder wie man sich im Fall einer tatsächlich akuten Bedrohung am besten verhält. Ich habe mich aber nicht verrückt gemacht. Auch im „sicheren“ Berlin ist ein LKW in einen Weihnachtsmarkt gerast. Und eine mit uns befreundete Familie besucht regelmäßig mit ihren kleinen Kindern die Verwandtschaft in Israel. Wie auf jeder Reise habe ich außerdem auf mein Bauchgefühl gehört und den gesunden Menschenverstand nicht zuhause gelassen.
Die größten Bedenken, wenn man das so nennen kann, hatte ich tatsächlich, weil ich ohne die kleine Co-Jägerin reisen würde. Wer diesen Blog schon länger liest, weiß, dass unsere Kleene schon auf mehr Kontinenten mit uns war als sie Jahre zählt, und weiß auch, wie sehr wir Roadtrips mit ihr zusammen mögen. Ich wusste vorher, dass ich sie schrecklich vermissen würde. Aber: Zeit für sich selbst zu haben, ist auch wichtig, gerade als Eltern!
Tatsächlich habe ich es sehr genossen, eine Woche lang alleine zu reisen. Ich habe unternommen, worauf ich Lust hatte, auch Dinge, die mit einem kleinen Kind zusammen nicht so ohne weiteres möglich gewesen wären. Im Wettlauf mit der aufgehenden Sonne 350 Höhenmeter auf die Festung Massada rauf kraxeln zum Beispiel. Oder mit meinen Gastgebern abends ausgehen. Es gab aber auch Momente, in denen ich mir wünschte, die kleine Co-Jägerin wäre dabei. Bei meinen wunderbaren Gastgebern Uri und Tirtza in Tel Aviv zum Beispiel, die selbst drei kleine Kinder haben. Oder in dem jahrhundertealten Tunnel, den die Tempelritter unter der Altstadt von Akko angelegt haben – wir hätten zusammen die tollsten Rittergeschichten darin nachspielen können.
Auf facebook und Instagram konntet ihr mich schon ein bisschen auf meinem Roadtrip begleiten. In den nächsten Wochen erzähle ich euch im Blog ausführlicher, welche verlorenen Schmätze ich gejagt und was ich sonst noch erlebt habe. Hier bekommt ihr schon mal einen kleinen Vorgeschmack:
Sonntag: Anreise und Jerusalem
Den gefährlichsten Teil meiner Reise habe ich direkt nach der Landung erlebt: Der Fahrer des Shuttlebusses, mit dem ich vom Flughafen nach Jerusalem fuhr, raste im Slalom über die dreispurige Schnellstraße und ich saß auf der Rückbank in der Mitte, ohne Anschnallgurt… Die erste Nacht habe ich im Hostel verbracht, da ich am nächsten Morgen schon um 3:30 Uhr nach Massada aufbrechen würden – so früh wollte ich keinen Gastgeber stören. Nach dem Einchecken bin ich direkt Richtung Altstadt spaziert und habe mich von den vielen Eindrücken überfluten lassen. Im arabischen Viertel habe ich butterzartes, fein gewürztes Kebab frisch vom Grill im Pitabrot gegessen. Und später in der Hostel-Küche zusammen mit etwa zehn Leuten aus aller Welt von einem Israeli gelernt, wie man Hummus selbst macht (>> hier findet ihr die ganze Geschichte samt Rezept).
Montag: Tagesausflug nach Massada, in die Oase Ein Gedi und ans Tote Meer, dann zurück nach Jerusalem
Gruppenreisen sind ja überhaupt nicht mein Ding, aber der Tagesausflug war unglaublich schön – und ohne Mietwagen hätte ich auch niemals so viel an einem Tag gesehen, geschweige denn wäre ich vor Sonnenaufgang am Fuße der Festung von Massada angekommen. Abends habe ich mit meinen Gastgebern Nadav und Moriya israelisches Craft Beer verkostet und in einem kleinen Restaurant auf dem Machne Yehuda Markt gegessen, der nach Einbruch der Dunkelheit zum Treffpunkt für Nachtschwärmer wird.
Dienstag: Von Jerusalem in die Berge westlich der Stadt
Auch in Israel gibt es Pies – hallelujah! In einem Restaurant auf dem Markt werden sie nach kurdisch-syrisch-israelischem Rezept vor den Augen der Gäste zubereitet und gebacken. Köstlich! Außerdem habe ich frisch gepressten Granatapfel getrunken und (leider vergeblich) im arabischen Viertel in der Alstadt nach jenem Laden gesucht, in dem laut meinem Gastgeber auf traditionelle Weise Tahine hergestellt wird. Am Nachmittag bin ich mit der Tram aus der Stadt hinaus gefahren. Meine Gastgeberin Libat hat mich in En Karem, dem wohl schönsten Vorort Jerusalems, zu einem veganen Picknick unter blühenden Mandelbäumen mitgenommen.
Mittwoch: Auf in Richtung Norden, in ein Kibbuz im „Auenland“ mit Zwischenstopp in Haifa
Ich habe es mit Trampen versucht (nicht ganz so erfolgreich wie meine Gastgeberin es mir ausgemalt hat, aber es hat Spaß gemacht!), bin endlich am Meer gewesen und habe einen sozialistischen Kibbuz kennengelernt, der genau so heißt, wie die Heimat der Hobbits in der hebräischen Übersetzung des Buches: Pelekh.
Donnerstag: Nahariya und Akko
Meine Mitfahrgelegenheit aus dem Kibbuz hat mich in Nahariya abgesetzt, einem verschlafenen, aus der Zeit gefallenen Seebad, zehn Kilometer von der libanesischen Grenze entfernt. Nach einem Strandspaziergang bin ich zehn Kilomter gen Süden bis nach Akko gefahren, eine uralte Hafenstadt. Ich habe das womöglich beste Hummus Israels bei Said probiert, außerdem einen sehr ulkig aussehenden aber leckeren Nachtisch namens Knafeh, und natürlich musste es an der Küste endlich auch mal Seafood sein, dazu israelisches Craft Beer.
Freitag: Nochmal Haifa und Sabbat in Tel Aviv
Die Bahnlinie führt immer an der Küste entlang, eine schöne Strecke. Ich bin in Haifa ausgestiegen, um mir die Bahai-Gärten, die deutsche Kolonie und das christlich-arabische Viertel Wadi Nisnas anzuschauen. Mit dem letzten Zug, der vor Beginn des Sabbat noch färt, bin ich in Tel Aviv angekommen. Meine Gastgeber Uri und Tirtza haben mich und einige Freunde zum Sabbat-Essen eingeladen.
Samstag: Tel Aviv-Jaffa
Mit Uris Fahrrad habe ich die Stadt erkundet. Die Entfernungen sind überschaubar und wegen des Sabbats waren die Straßen angenehm leer. Im jemenitischen Viertel habe ich Dschachnun probiert, mich in der Altstadt von Jaffa vom day drinking der anderen mitreißen lassen und am Abend das legendäre Nachtleben von Tel Aviv kennengelernt. Ähem, soweit es die Eltern-Kondition von mir und meinen Gastgebern eben zuließ. Tolle Location, sehr gute Pizza, leider nur durchschnittliches Bier und eine großartige, tanzbare Liveband.
Sonntag: Tel Aviv und Abflug
Morgens bin ich noch kurz über den „gar nicht hippen“ (O-Ton Uri) Wochenmarkt geschlendert, auf dem auch meine Gastgeber einkaufen. Habe gepokert und je ein Glas Tahine und Silan (Dattelsirup) gekauft, obwohl das im Handgepäck eigentlich nicht erlaubt ist. Die Sicherheitskontrolle am Flughafen war seeeeeeeeehr gründlich – aber meine Foodie-Souvenirs wurden nicht beanstandet. Yay! Außerdem habe ich am Markt noch ein letztes Mal frisches, lauwarmes Hummus gegessen, das mir ebenso gut schmeckte wie das in Akko. Drei Bagel, Oliven und Käse haben mich ebenfalls ins Flugzeug begleitet. Die Blicke meiner Sitznachbarn, die labbrige Sandwiches aus der Bordkombüse essen mussten, sprachen Bände.
In den nächsten Wochen blogge ich mehr zu den einzelnen Tagen, verrate euch Yonis Rezept für Hummus und gebe euch Restaurant-Tipps.
Verratet mir doch schon mal, was euch besonders interessiert!
Weiterlesen:
- Vorfreude auf Israel: Die lange Liste der Leckereien, die ich in einer Woche unbedingt probieren sollte#
- Seitenweise Vorfreude auf Israel: Buchtipps für die Reisevorbereitung
- Hummus nach israelischem Original-Rezept: Ich verrate euch, was ich beim Workshop in Jerusalem gelernt habe
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