Ich mag die Weihnachtszeit ja sehr! So ab Ende November (aber bitte nicht früher) darf es gerne ein wenig besinnlich werden, die Wohnung bekommt ein paar weihnachtliche Tupfer, die kleine Co-Jägerin einen liebevoll selbst befüllten Adventskalender, wir backen gemeinsam Plätzchen und obwohl ich Menschenmengen äußerst anstrengend finde, lasse ich mich zu dem einen oder anderen Weihnachtsmarktbesuch hinreißen. Am Heiligen Abend schmücke ich dann in Festlaune den Baum und singe dabei lauthals Weihnachtslieder mit.
Als wir vor drei Jahren unsere Neuseelandreise planten und klar wurde, dass wir unser allererstes Weihnachtsfest als Familie dort verbringen würden, hatte ich ernsthaft Sorge, dass mir etwas Wichtiges fehlen könnte. Weihnachten im Hochsommer, ohne Kälte, Kerzen, Glühwein, das konnte ich mir echt nicht vorstellen.
Und tatsächlich: Neuseeland vibrierte im Dezember vor Vorfreude auf die großen Ferien und auch wir waren in Sommerurlaubsstimmung. Ich erinnere mich noch genau, wie wir in einem kleinen Ort auf der Coromandel Halbinsel anhielten, um uns ein Eis zu kaufen, und ich plötzlich an einem mit Kunstschnee besprühten, weihnachtlich dekorierten Schaufenster vorbeilief. Aus einem Lautsprecher dudelte „Last Christmas“. Meine jahrzehntelange Konditionierung sprang prompt an: Ich bekam in der prallen Sonne Weihnachtsgefühle.
Ein paar Tage später erreichten wir den DoC-Campground Tapotupotu im äußersten Norden der Nordinsel, auf dem wir Weihnachten feiern wollten. Wir fanden einen Stellplatz mit Meerblick, vor unseren Augen brachen sich türkisblaue Wellen an einem von Pohutukawas gesäumten Strand. Hach, ich lieeeeebe diese neuseeländischen „Weihnachtsbäume“. Die wild blinkende, grässliche Fensterdekoration, die unsere Nachbarschaft in Berlin jedes Jahr überzieht, war ganz weit weg. Ich fühlte mich zwar nicht besonders besinnlich, aber auch nicht wehmütig. Statt eines Weihnachtsbaums schmückte ich summend einen Treibholzast mit puschelig-roten Pohutukawablüten, Muscheln und ein paar goldenen Kugeln.
Deutsche Bescherung und Kiwi-Christmas
Und dann feierten wir Weihnachten gleich zwei Mal: Am Abend des 24. Dezember gabs die Bescherung und ein leckeres Essen und am Morgen des 25.12. ein festliches Frühstück mit Wellenrauschen und Meerblick. Aufgrund der 12-stündigen Zeitverschiebung war das ziemlich genau zu der Zeit, als unsere Lieben zuhause um den Weihnachtsbaum saßen, das war irgendwie ein schönes Gefühl.
Wir feierten allerdings nicht mit einem Barbeque, wie bei vielen Kiwis zu Weihnachten üblich, sondern aßen Fisch & Chips, genauer gesagt: frischen Lachs, den wir kurz in der Pfanne gebraten hatten, Kartoffelspalten, grünen Salat, Feta mit Wassermelonenkonfit (das wir ein paar Tage vorher in dieser Honesty Box entdeckt hatten). Zum Nachtisch gabs einen traditionellen Plumpudding, den wir fertig zubereitet in einer Plastikform im Supermarkt gekauft hatten und nur noch im Wasserbad erhitzen mussten. Wir hatten gerade unser Festessen fertig zubereitet, da ging uns mit einem leisen Zischeln das Gas aus. Neeeeeeeeeeein! Zum Glück sind in Neuseeland auch am 26.12. die (größeren) Geschäfte geöffnet… allerdings befand sich Kaitaia, die nächste Stadt, etwa anderthalb Stunden Fahrtzeit entfernt.
Unsere Kiwi-Xmas ist jetzt drei Jahre her und seitdem ist meine innere Weihnachtsuhr irgendwie aus dem Takt geraten. Im Dezember freue ich mich zwar immer noch auf Lebkuchen, Glühwein und das Schmücken des Weihnachtsbaumes, aber gleichzeitig spüre ich ein sehnsüchtiges Ziehen und Heimweh nach Neuseeland. Allerdings höre ich von Deutschen, die nach Neuseeland ausgewandert sind, dass es ihnen ganz ähnlich geht, nur eben anders herum.
Sehr schön visualisiert und humorvoll erzählt haben das der nach Neuseeland ausgewanderte Deutsche Steffen Kreft und sein Kiwi-Kreativpartner William Connor in ihrer Serie Lifeswap:
Von der „Angst vor Weihnachten“ erzählt auch Lena Marie in ihrem Familienreiseblog family4travel. Sie ist mit ihrem Mann und den beiden Söhne ein ganzes Jahr kreuz und quer durch Europa gereist:
Ich sah uns schon deprimiert in irgendeiner anonymen Ferienwohnung stranden, wo wir einen im Park gepflückten Koniferenzweig in ein Bierglas stellen und mit Sternen aus Alufolie behängen würden. Selbst das wäre sicherlich eine erhellende Erfahrung, sagte ich mir. Trotzdem habe ich – ohne viel Hoffnung – frühzeitig auf allen Couchsurfing-Plattformen meine Fühler ausgestreckt, um eine Gastfamilie für die Feiertage zu finden. Dass es schwer werden würde, Freiwillige aufzutreiben, die uns über Weihnachten bei sich aufnehmen, war mir klar. Denn, ganz konkret, würden wir Fremde zu uns einladen, über diese mir so wichtige Zeit? Die mir meine geliebten kleinen Rituale durcheinander bringen? Überraschend erhielten wir dann über Couchsurfing sogar drei Einladungen. Wir ließen unser Bauchgefühl entscheiden und verbrachten die Weihnachtsfeiertage bei einer englischen Expat-Familie mit zwei kleinen Kindern, die in einem gemütlichen Haus mitten im bulgarischen Nirgendwo leben. Am Abend des 24.12. weihten wir unsere Gastfamilie in einige deutsche Weihnachtstraditionen ein und sangen in zwei Sprachen „Oh Tannenbaum“. Und am Morgen des 25. traf sich die Familie in der Küche zum Frühstück und packte die zweite Hälfte der Geschenke aus. In der Pfanne brutzelte Fisch, den zwar keiner essen wollte, „aber zu Weihnachten muss es morgens nach gebratenem Fisch riechen, sonst ist nicht Weihnachten“, sagte unsere Gastgeberin. Unser Fazit: Wir haben Weihnachts-Asyl bei Fremden beantragt, aber dann besuchten wir alte Freunde, die wir lediglich vorher noch nicht kannten.
Das Gefühl, sich an Weihnachten „am falschen Ort“ zu befinden, kennt auch Eva Maria, die auf hiddengem über Reisejuwelen bloggt, welche sie auf der ganzen Welt entdeckt. Sie erlebte es in Südafrika, wo sie vor zehn Jahren mit ihrem Mann (in spe) 18 Monate lang lebte:
30 Grad im Schatten, Sonne satt, der ‚Cape Doctor‘ blies seit Tagen unaufhörlich, Xmas-Knallbonbons auf dem Tisch und alberne Partykrönchen auf unseren Köpfen. Kapstadts Innenstadt war mit Leuchtdelfinen, Elefanten und Affen geschmückt. Offen gestanden, Weihnachtsstimmung kam bei mir nicht auf. Den Vormittag hatten wir statt mit traditionellem Glühweintrinken am Strand und auf den Surfbrettern verbracht. Unser Weihnachtsessen haben wir dort von den Felsen gepflückt. Am Abend aßen wir Miesmuscheln in Weißwein statt wie zuhause Fondue. Wir hatten lieben Besuch aus der Heimat und doch fühlten wir uns allesamt fehl am Platz. Lediglich der Kapstädter Gospel Chor im Radio rührte uns. Von Weihnachten in der Sonne hatte ich nie geträumt. Ich mag die dunkle Adventszeit, selbst ohne Schnee. Damals, im sommerlichen Kapstadt, fühlte es sich einfach falsch an. Mittlerweile ist das anders. Liebend gerne würde ich nach den Feiertagen die Koffer packen und in die Ferne düsen. Das neue Familienoberhaupt hat aber diesbezüglich Einwände – Kinder wollen Weihnachten zuhause verbringen. Einen Versuch in der Ferne würde ich dennoch starten, der ginge aber nach ganz oben in den Norden. Ich denke an Finnland im Winter, ein Märchen von Schnee, klirrender Kälte und heißer Schokolade. Dort würde es bestimmt auch mit der Weihnachtsstimmung klappen…
Reisefotografin und -bloggerin Gabi hat Weihnachten im tiefsten Winter schon ausprobiert: 2010 verbrachten die 5reicherts fünf Monate in Schweden mit Bergen von Schnee, einem zugefrorenen See, Schlittschuhlaufen und leckerem Weihnachtsgebäck:
Nach vielen Jahren ohne Schnee hier in Rheinhessen wünschten sich unsere Kinder mal einen richtigen Winter. Im Jahr 2010 war es dann soweit: Wir verbrachten einen ganzen Winter in Skandinavien. Zuerst wohnten wir drei Monate lang in einem kleinen roten Holzhaus in der Nähe von Freunden westlich von Stockholm. Für die typisch schwedische Weihnachtsbäckerei, die sich von der deutschen unterscheidetet, taten sich unsere Kinder mit unseren Freunden zusammen Sie rührten Unmengen von Pfefferkuchenteig an. Zuerst entstanden die üblichen kleine Tannenbäume, Sterne und solche Sachen, doch ziemlich schnell änderten sich die Formen: Dinos, Masken, Monster und sowas wanderten in den Ofen. Dem Geschmack tat das keinen Abbruch. Aus Pfefferkuchenteig bauten wir ein paar Tage später ein komplettes Pfefferkuchenhaus, auch das ist in Schweden ein Muss. Dieses mit Zuckerguss überzogene und mit allerlei Figuren und Anbauten verzierte Bauwerk stand während der gesamten Weihnachtszeit auf der Fensterbank. Da unsere Freunde Vegetarier sind, gab es nicht den üblichen Rentier- oder Elchbraten als Festmahl. Wir futterten Gemüse und Kartoffeln und machten am 2. Feiertag mexikanische Bean Burritos um internationaler zu wirken. Das Pfefferkuchenhaus, erlitt nach und nach einen Smarties-Schwund. Das war bedenklich, denn es darf erst am 13. Januar, dem offiziellen Termin zur „Entweihnachtung“, gegessen werden. Das war auch der Tag, an dem wir unsere Reise nach den Lofoten fortsetzten. Wir demontierten das leckere Häuschen, packten es in eine Dose und nahmen es als Wegzehrung mit auf die eisigen Straßen. Diese Reise war genauso aufregend, wie die Zeit im roten Holzhaus ruhig gewesen war. Auf den wilden, rauen Inseln von Nordnorwegen erlebten wir zahlreiche Nordlichtnächte, aber auch einige Stürme. Im März fuhren wir wieder tagelang über Eis und Schnee zurück nach Deutschland. Fünf Monate richtigen Winter – genau das hatten wir uns ja gewünscht.
Hartmut von 58° Nord lebt mit seiner Familie in Schweden und hat vor ein paar Jahren mit seiner Familie das Gegenteil ausprobiert: Weihnachten unter Palmen, beziehungsweise unterm Plastikbaum, in Costa Rica:
Wir hatten uns die Playa Carrillo für unser Weihnachtsfest ausgesucht, da wir zuvor gelesen hatten, dass es hier doch im allgemeinen recht ruhig zugehen sollte. Die meisten großen Touristenorte und -hotels auf Nicoya hatten alle ihre Weihnachtsspecials. Man musste oft mindestens fünf Tage am Stück buchen, und auch Weihnachtsdinner und ähnliches war Pflicht – oft eine sehr kostspielige Angelegenheit. Wir waren in einem kleinen familiären Hotel untergebracht und fühlten uns bei Dennis, dem US-amerikanischen Eigentümer und seiner costa-ricanischen Familie, sehr wohl. Am Abend des 24. Dezembers machten wir uns dann noch in der Dunkelheit auf zu einem nahegelegenen Fischrestaurant, das uns Dennis empfohlen hatte. Es bestand nur aus einer Küche und einer überdachten Veranda mit einigen wenigen Tischen. Wegen uns wurde dann der Herd angeworfen und wir bekamen einen köstlichen Seebarsch zubereitet, der hier gerne gegessen wird. Natürlich bekamen dazu wie in Costa Rica üblich à la casado Reis, Bohnen, Salat usw. Es kam zwar keine wirklich Weihnachtsstimmung auf, aber wir genossen es nach unserem langen und anstrengenden Tag in Ruhe Abend zu essen. In Costa Rica wird Weihnachten nach nordamerikanischer Tradition am 25. Dezember gefeiert, was unseren Kindern als völlig logisch erschien, da der Weihnachtsmann ja am Heilig Abend genug bei uns zuhause in Schweden zu tun hatte. Wir verbrachten den Tag bei guten 30 Grad im Schatten an der Playa Carrillo und holten uns alle einen mehr oder weniger ausgeprägten Sonnenbrand. Zurück am Hotel gab es dann ein gemeinsames Weihnachtsabendessen mit den anderen Gästen im Hotel. An diesem Abend sollte es etwas sehr spezielles geben, da es ja immerhin Weihnachten war. Wir können uns aber gar nicht mehr so richtig daran erinnern, was uns Dennis und Familie eigentlich servierten… wir wissen nur noch, dass wir alle ein wenig enttäuscht waren. Es war aber auch schwer, bei diesen Temperaturen und dieser Umgebung in eine richtige Weihnachtsstimmung zu kommen.
Gela von unterwegsmitkind, dem Reiseblog für (Ein-Eltern-)Familien, würde gerne jedes Jahr die Feiertage anderswo verbringen. Solange ihr süßer Sohn aber lieber mit Omi zuhause feiert, bleibt ihr nur die Erinnerung an ein ganz besonderes Weihnachtsfest in Chile:
Ich war mit einer Reisegruppe von rund 12 Leuten im Süden Chiles unterwegs. Es war meine erste organisierte Gruppenreise und ich war massiv erkältet. Am Heiligabend erreichten wir die Gegend von Pucon und Temuco, mitunter auch Araukarien genannt, weil dort viele der Urzeit-Bäume wild wachsen. In dieser Region leben besonders viele Mapuche, eine Gruppe von Indigenen, die immer wieder für ihre Rechte eintreten (müssen). Zugleich haben sich dort schon vor Jahrzehnten viele deutsche Auswanderer niedergelassen, die das milde aber feuchte Klima schätzen. Unsere Gastgeberin war eine Mapuche-Frau namens Margot. Sie lebte zusammen mit ihrem österreichischen Mann und einer gemeinsamen Tochter in einem Holzhaus auf einem großen Grundstück an einem Fluss mitten im Nirgendwo. Neben dem Haus stand auf der weiten Wiese auch eine traditionelle Ruka der Mapuche: ein in Ost-West-Richtung lang gestrecktes fensterloses Holz-Haus in einer bestimmten Balken-Bauweise mit Lehmfußboden. Darin gab es eine Art Küchenecke mit einer großen Feuerstelle in der Mitte und einen langgezogenen Holztisch mit Stühlen aus Baumstammstücken. Die Ruka wurde zu unserem Gemeinschaftsraum. Rundherum schlugen wir unsere Zelte auf. Als wir nach unserer Wanderung am Abend in die Hütte kamen, grillten Margot und ihre Helfer auf der Feuerstelle Lamm für uns. Sie hatten riesige Fleischteile an langen grünen Bambusstäben befestigt. Der Tisch war mit einer bunten Decke in traditionellem Webmuster einfach, aber sehr liebevoll gedeckt. Dort saßen wir, sangen Weihnachtslieder und ließen uns das Fleisch mit Kartoffeln und Salat schmecken – alle außer mir. Denn ich war so erkältet, dass ich rein gar nichts schmeckte. In meinem Mund kam nur die Konsistenz von Fleisch an.
Ganz anders Marc von Reisezoom.com, dem Reiseblog für Fotonerds und Familien unterwegs: Er hat schon sehr oft Weihnachten im Ausland gefeiert, zum Beispiel in den USA, auf Gran Canaria, in Südtirol und Brasilien.
„Brasilien 2009 war davon mit Abstand das abgefahrenste Weihnachten. Wir waren Kitesurfen in Ilha do Guajiru und dachten über Weihnachten überhaupt nicht nach. Es war warm, der Wind war gut und wir hatten Spaß. Erst abends, als wir unseren Hunger stillen wollten, fiel uns auf, dass Heiligabend ist. Es war alles geschlossen und in unserer Lieblingskneipe saßen die Mitarbeiter um einen großen Topf und futterten ihr Weihnachtsessen. Zum Glück hatten sie Mitleid mit uns und brieten uns ein paar Burger.“
Habt ihr schon mal Heiligabend in einem anderen Land gefeiert?
Was gehört für euch zu einem gelungenen Weihnachtsfest unbedingt dazu?
Wo auch immer ihr die Feiertage verbringt: Wir wünschen euch ein frohes Fest!
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