Kennt hier jemand Nicolas Bouvier? Ich kann es nicht fassen, dass ich erst jetzt dieses Buch lese (und das auch nur, weil es der Co-Jäger in der Bücherei entdeckte und mir ans Krankenbett brachte). 1953 (!!) fährt der damals 24-jährige Autor mit seinem Freund Thierry, einem Maler, mit dem abgebildeten Fiat Topolino von der Schweiz über Jugoslawien, Türkei, Iran, Afghanistan und Pakistan bis nach Indien.
Die beiden reisen sehr langsam, mit offenen Augen und Herzen und Neugierde für fremde Kulturen, sie bleiben immer wieder längere Zeit an einem Ort und leben von Bildern und Artikeln, die sie unterwegs verkaufen. Das ist so vertraut, dass ich mich beim Lesen immer wieder daran erinnern muss, dass die beiden Lebenskünstler ihre Reise nur ein paar Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs unternommen haben.
Bouvier schreibt so hinreißend schön, dass ich manche Sätze mehrfach lese und sie mir wie die Bissen eines guten Essens auf der Zunge zergehen lasse. Und gleichzeitig so sinnlich und bildgewaltig, dass ich beinahe selbst die Erschöpfung nach ihrer Wüstendurchquerung spüre oder die ungläubige Freude, als sie den LKW mit den gerissenen Bremsen am Ende der Passstraße lebendig verlassen.
Eine Kostprobe?
Über seine Überquerung des Hindukusch schreibt er: „Die Nacht war eiskalt. Der Vollmond erhellte die Felswände und das Dorf auf seiner Terrasse; die Nasen der Lastwagen und die Pfefferkränze, die auf den Veranden der Hütten hingen, erglänzten in seinem Licht. Über uns krachten die ungeheuerlichen Bergweiten in ihrer Kälte und Einsamkeit. Kein Motor war zu hören. Der Pass gab kein Lebenszeichen von sich, doch man spürte, wie er geduldig in der Nacht die Straße offen hielt.“
Eine epische Reisereportage wie es sie heute nicht mehr gibt. Ich glaube, ich lese das Buch gleich noch einmal.
Die 1980 komplett überarbeitete deutsche Übersetzung ist tatsächlich noch erhältlich, zum Beispiel hier oder hier.
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