Endlich ist der Sommer da! Die Kita macht dicht und die Hummeln in unserem Hintern sind sowieso schon nicht mehr auszuhalten. Höchste Zeit, den Bulli zu packen und mal wieder den Weg das Ziel sein zu lassen! Das Tolle daran ist ja: Die Reise beginnt direkt vor der Haustüre. Wir haben nur einen groben Plan gefasst. Zwei Wochen lang wollen wir durch den Südosten Deutschlands gondeln, ein bisschen Bergluft schnuppern (das fehlt uns in Berlin einfach), einsame Badeseen entdecken (dito!), jede Nacht auf einem anderen Landvergnügen-Bauernhof zu Gast sein und dabei möglichst gut essen.
Dass unsere Tour durch eine Serie von Schaf- und Ziegenkäseproduzenten eingeleitet wird, ist dabei reiner Zufall.
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Der tropische Spreewald
Es ist Mitte Juli als wir losfahren und bereits am Vormittag brütend heiß. Seit Tagen steigen die Temperaturen über 30° und im Spreewald, dieser Auen- und Moorlandschaft mit den vielen kleinen Kanälen, kommt dann auch noch ordentlich Luftfeuchtigkeit dazu. Wir fühlen uns wie in Südostasien:
Kaum spazieren wir ein paar Schritte durch das hübsche Dorf Ogrosen, in dem der Milchschafhof Schafgarbe liegt, fließt der Schweiß in Strömen.
Der kleinen Co-Jägerin macht das nichts aus. Sie trägt Gummistiefel zur kurzen Hose und platscht glücklich durch die riesige Pfütze auf unserem Gastgeber-Hof, streichelt Katzen, pflückt einen (unreifen) Apfel, den sie unbedingt probieren muss („Ist nicht sauer!“), entdeckt einen Traktor, untersucht Käfer auf der nassen Wiese, und als wir ganz hinten auf dem Grundstück, bei den Ponies, ankommen, sind auch die ersten Gewitterwolken bei uns angelangt und bringen eine kurze Erfrischung.
Leider haben wir eine der zwei Brandenburg-Grundregeln (Nimm 1. Essen und 2. Mückenspray mit) grob missachtet und werden in der Nacht Opfer einer fliegenden Guerillatruppe, die noch den kleinesten Belüftungsschlitz unseres Busses findet und uns mit ihrem nervtötenden Gesirre in dieser schwül-heißen Nacht das letzte bisschen Schlaf raubt.
Zum Glück kann man genussfreudige Menschen wie uns mit gutem Essen trösten: Zum Frühstück probieren wir das cremige Schafsmilchjoghurt (mein Favorit!), Feta mit Basilikum und Bärlauch-Frischkäse vom Hof und nachdem wir dann auch noch in den nahegelegenen, supersauberen Badesee gesprungen sind, fühlen wir uns bereit für die nächste Etappe. Während die Tropfen des nächsten Gewitters auf unser Blechdach trommeln, fahren wir weiter Richtung Erzgebirge.
Auf in die Berge
Dass die Autobahnen an diesem Sommerferienwochenende voll sind, stört uns nicht: Wir rollen durch goldene Felder und schattige Alleen, am Lausitzer Seenland vorbei, durch die Elsterniederung und die Königsbrücker Heide und als wir durch Meißen kommen, brät die Sonne schon wieder derart herunter, dass wir eine Pause zum Eisessen einlegen.
Im Zickzackkurz nähern wir uns schließlich dem Erzgebirge, denn die Straßen werden nicht nur immer schmaler, kurviger und malerischer, leider ist auch beinahe jede zweite gesperrt. Wir kommen durch Zschopau, wo zu DDR-Zeiten die legendären Schwalben und andere Motorräder hergestellt wurden. Heute ist der Ort ziemlich unspektakulär, aber wir entdecken eine Metzgerei mit einem wirklich guten Wurstangebot und in einem Obstlädchen einen großen Spankorb voll duftender Erdbeeren aus Sachsen für ein paar Euro.
Sigrun Horn begrüßt uns in ihrem Hofladen, dessen Regale und Kühltheke so vollgepackt sind mit Leckereien, dass wir uns kaum entscheiden können. Fürs Abendessen nehmen wir erstmal eine Ziegensalami und Camembert mit Kümmeln mit, dann folgen wir ihrem Mann den Berg hinauf zu unserem Stellplatz für die Nacht: direkt neben dem Ziegenstall, mit freiem Rundumblick über die Hügelketten des Erzgebirges. Leider müssen wir uns den Platz mit hunderten dicker Schmeißfliegen teilen, die den Innenraum unseres Busses brummend und kopulierend in Beschlag nehmen und sich nur widerwillig von fuchtelnden Menschen (uns) wieder herausscheuchen lassen.
Die Ziegen des Hofes dürfen den Tag über auf den Bergwiesen rings um den Stall herumkraxeln oder auch faul im Schatten liegen. Abends zuckelt die Herde im Gänsemarsch in den geräumigen Stall, wo die etwa 40 Mutterziegen gemolken werden, Kraftfutter bekommen, übernachten und am Morgen, bevor es wieder raus geht, noch einmal gemolken werden. Zwei bis vier Liter Milch geben sie pro Tag, erfahren wir, und daraus werden in der Hofkäserei verschiedene Frischkäse, Feta, Camembert, Schnittkäse und Halloumi gemacht. Im Winter allerdings machen die werdenden Mamas Pause, bevor sie im Frühjahr ihre Zicklein zur Welt bringen.
Wir kommen zur rechten Zeit und dürfen beim Melken zuschauen: Die Ziegen klettern auf den Melkstand, ein Art hölzerne Tribüne, an deren einen Seite eine Futterrinne entlang läuft, so dass die Tiere sich ganz von alleine nebeneinander aufstellen und uns ihre Euter (praktischerweise auf Augenhöhe) präsentieren. Eine nach der anderen wird erst kurz per Hand angemolken, dann wird die Maschine über die Zitzen gestülpt, die mit einem rythmischen Sauggeräusch Milch abpumpt und über Schläuche in eine große Kanne leitet. Wir Großen schauen genauso fasziniert zu wie unsere zweijährige Tochter. Und bekommen dann sogar einen Becher frisch gezapfter, schäumender, sahniger, warmer Ziegenmilch zum Probieren. Noch nie habe ich so leckere Milch getrunken!
Spätsommerliche Bauernhofidylle
Pausa liegt im Vogtländischen Mühlenviertel, dort, wo ein Zipfel von Sachsen nach Thüringen hinein ragt. Die Gegend ist leicht hügelig und es gibt eine ganze Reihe Talsperren und natürlicher Seen, an einer davon verbringen wir einen weiteren flirrend heißen Nachmittag. Am Abend heißt uns Annette Meißgeier auf ihrem Hof willkommen und wir finden einen schönen Stellplatz neben Hühnerstall und Ententeich.
Vor dem Abendessen werfen wir schnell noch einen Blick in ihr kleines Lädchen, das fast komplett von einer großen Käsetheke ausgefüllt wird. Während wir unsere Wahl treffen – Feta mit Kräutern, ein Stück Hartkäse und einen in Asche gereiften „Kleinen Franzosen“ – erzählt sie uns, dass sie eher zufällig zu ihren ersten Thüringer Wald Ziegen kam. Ursprünglich sollten mit der Milch nämlich nur die paar Schweine auf dem Hof gefüttert werden. Heute gehören zu ihrer Herde alleine 70 melkende Ziegen, aus deren Milch sie etwa 20 Käsesorten herstellt.
„Da war auch Glück dabei“, sagt sie mit einem sympathischen Lachen, denn dass ihr Hof und ihr Käse inzwischen so bekannt seien, habe auch damit zu tun, dass sie Ziegen einer recht seltenen, alten Rasse halte. Ich denke mir: und mit sehr viel Fleiß und damit, dass der Käse wirklich gut schmeckt. Denn ein bisschen davon, wie viel Arbeit der Hof macht, bekommen wir während unserem Aufenthalt ja mit. Für uns Stadtmenschen und vor allem die kleine Co-Jägerin ist es natürlich total spannend, beim Füttern der großen und kleinen Ziegen und noch einmal beim Melken zuzuschauen und später sogar selbst den Hühnern, Enten und Gänsen ein paar Salatblätter in den großen Auslauf werfen zu dürfen.
Beim Abendessen bereiten wir uns schon mal auf die nächste Etappe unserer Reise vor. Wir sind nämlich fast im Fränkischen angelangt, jenem Teil Deutschlands mit der größten Brauereidichte. Im Supermarkt haben wir ein Pilsener der Chemnitzer Brauerei Braustolz und eine historische Sonderedition der Kulmbacher Mönchshof Brauerei entdeckt. Beide passen perfekt zum warmen Sommerabend und unserer Drei-Regionen-Käseplatte plus Apfelleberwurst aus Zschopau. Wie sagt der Berliner so gerne, wenn ihm etwas gefällt: „Da jibbet nüscht zu meckern.
Milchschafhof Schafgarbe
Ranzower Str. 7, 03226 Vetschau / OT Ogrosen, Tel 035436/ 4157. Der Hofladen ist Di 14-18 Uhr, Fr 9-18 Uhr und Sa 9-14 Uhr geöffnet. Außerdem wird der Käse in Berlin-Kreuzberg auf den Wochenmärkten auf dem Chamissoplatz (Sa 9-15 Uhr) und Lausitzer Platz (Fr 11-18 Uhr) verkauft.
Bauernhof & Hofkäserei Horn
Hauptstraße 81, 09430 Drebach, Tel 037341/ 7412.
Hofkäserei Anette Meißgeier
Winterseite 51, 07919 Langenbach, Tel./Fax 036645/ 21300.
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