Am Wochenende waren wir zum Kuchenessen eingeladen. Nicht irgendein Kuchen, sondern der französische Dreikönigskuchen: Gallette des Rois. Der 6. Januar ist zwar längst vorbei, aber unsere Gastgeberin Chloé meinte: „In Frankreich isst man ihn den ganzen Januar über. Es vergeht kein Wochenende, an dem man nicht zum Gallette-Essen eingeladen ist.“
Wer jetzt als erstes an die Kalorien denkt, die man da zu sich nimmt (und das auch noch nach der Völlerei zu Weihnachten…), der hat den Kuchen noch nicht probiert! Er ist so lecker, dass man alles andere vergisst. Vor allem die Blätterteig-Variante, die mit Marzipancreme und – Chloés Spezialrezept! – geschmolzenen Schokoladestückchen gefüllt war. Göttlich. Die kleine Co-Jägerin allerdings mochte die südfranzösische Gallette lieber: Sie besteht aus einem süßen Hefeteig (Brioche), der in Kranzform gebacken und mit kandierten Früchten und Nüssen verziert wird.
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Vielleicht lag es aber auch daran, dass sich in jedem Kuchen eine kleine Porzellanfigur versteckt hatte. Das war meiner Kleenen irgendwie nicht ganz geheuer und das Hefeteig-Kuchenstück war definitiv übersichtlicher, um es mal so auszudrücken. Ich habe die noch warme Marzipancreme auch Löffel für Löffel vorsichtig auf meiner Zunge zergehen lassen. Und war dann fast ein bisschen enttäuscht, dass ich NICHTS gefunden hatte.
Noch ein Stück hätte ich aber nicht geschafft. Pappsatt hielt ich mich an den Cidre, dessen leicht säuerlicher Geschmack perfekt passte. Plötzlich jubelte es am anderen Ende der WG-Küche, in die sich alle gedrängt hatten, und die erste Königin wurde gekrönt. Der König, den sie sich erwählte, wusste die Ehre allerdings nicht zu schätzen und riss sich die Krone mit einem verlegenen Gesichtsausdruck vom Kopf. Er war aber auch erst zweieinhalb.
Mit den Gallettes des Rois gedenkt man traditionell der Heiligen Drei Könige, die dem neugeborenen Jesus Geschenke brachten, erzählte mir Chloé. Ursprünglich buk man eine Bohne in den Kuchen, den man dann in der Familie oder mit Freunden teilte. Wer diese Bohne in seinem Stück fand, wurde zum König für den Tag gekrönt und durfte seine Königin wählen (oder umgekehrt). Inzwischen werden speziell für den Anlass produzierte, kleine Porzellanfiguren in den Gallettes versteckt, die aber immer noch „Fève“ (also dicke Bohne) genannt werden.
In Frankreich bekommt man sie im Januar überall, genauso wie man in jeder französischen Bäckerei die fertigen Kuchen kaufen kann. In Berlin jedoch mussten die Exilfranzosen nicht nur selbst backen, sondern auch noch kreativ werden: In einem Kuchen steckte eine Münze als „Bohne“, in einem anderen ein Bonbon.
Die Hefeteig-Gallette hatte übrigens Quique, ein Spanier, zum Königs-Buffet beigesteuert. Auch südlich der Pyrenäen isst man nämlich Dreikönigskuchen, allerdings nur am 6. Januar. In Spanien gibt es ihn ausschließlich mit Hefeteig, erzählte mir später meine Freundin Cathrin, die in Madrid lebt, aber dafür mit den unterschiedlichsten Füllungen. Ihr Favorit: Schokoladencreme.
Als wir nach der Party vor die Tür traten, schneite es. Der perfekte Abschluss für einen schönen Abend. Während unsere Kinder begeistert versuchten, die dicken Flocken mit der Zunge zu fangen, überlegten Freundin Sandra und ich, ob es denn in Deutschland eine ähnliche Tradition zum Jahreswechsel gibt. Das einzige, was uns einfiel, waren die Pfannkuchen (manchen Lesern vielleicht besser als Krapfen oder Berliner bekannt) die man in Berlin in der Silvesternacht isst. Normalerweise sind die in Fett ausgebackenen Hefeteigkugeln mit Konfitüre oder Pflaumenmus gefüllt. Zu Silvester (und in manchen Gegenden auch an Fasching) mogeln sich aber auch ein paar Gebäckstücke mit Senffüllung darunter. Hmmmm. Also mir ist der französische Brauch irgendwie sympathischer.
Auf www.franzoesischkochen.de habe ich ein Rezept für Gallette des Rois mit bebilderter Anleitung gefunden. Noch ist der Januar nicht vorbei! 🙂
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