„Er hatte einen feurigen, rohen Geschmack… der Trinker trank ihn wegen des Schocks, nicht wegen des Aromas.“ Wir kennen Herrn Gilchrist nicht, der das zu Protokoll gegeben hat, aber er scheint ein Kenner gewesen zu sein, sonst würde sein Ausspruch wohl nicht im Hokonui Museum hängen. Es ist gerade mal Mittagszeit und am Ende unseres Rundgangs durch die Ausstellung erwartet uns ein kleines Gläschen eben jenes Hochprozentigen. Zum Glück haben wir zuvor noch mit einem Pie eine gewisse fettige Grundlage gelegt.
Das Hokonui Museum und das Hokonui Moonshiners‘ Festival – sind die Hauptattraktion von Gore, einer Stadt, die, wie mir eine befreundete Auckländerin erzählte, bei Neuseeländer als Inbegriff der Langeweile gilt. Gore liegt im Süden der Südinsel und die Gegend erinnert hier ein wenig an die schottischen Highlands. Das war wohl einer der Gründe, warum sich hier im 19. Jahrhundert die ersten ausgewanderten Schotten ansiedelten. Sie berichteten so begeistert von ihrer neuen, friedlichen Heimat, dass bald auch die Verwandtschaft nachzog. Bis heute haben die Menschen hier einen anderen Zungenschlag als im übrigen Land (vor allem das gerollte R ist sehr auffällig).
Die Schotten brachten ihre Liebe für Whiskey mit ans andere Ende der Welt, was anscheinend zu gewissen Exzessen führte.
Oder wie es das Museum geschliffen formuliert: „Widespread drunkenness was a common feature of early New Zealand life.“ Nach einer wilden Debatte (bei der auch die Kirche mitmischte) kam es 1902 zu einer Abstimmung, die knapp zugunsten einer Prohibition ausging. Sie sollte 52 Jahre andauern. Und hielt die eigensinnigen Highlander natürlich nicht vom Whisky fern. Im Gegenteil: Das heimliche Destillieren wurde für viele Familien zum neuen (und einträglichen) Hobby während der Spirituosenkauf ein wenig aufwändiger wurde. Man musste jemanden kennen, der jemanden kannte. Oder ein Stück weiter fahren: In …., einer benachbarten Stadt, galt das Verbot nämlich bereits nicht mehr.
Das Whisky-Festival findet leider erst wieder 2015 statt, deshalb mussten wir mit dem Museum Vorlieb nehmen. Aber die Ausstellung ist wirklich gut gemacht, sehr interaktiv, es gibt sogar eine Bar mit Tresen (in der man natürlich nichts bekommt). In einem nachgebauten Waldstück wird ein Schwarzbrenner bei der Arbeit gezeigt, „Dunsdale Reserve“ steht auf einem Schild daran. Dort haben wir die letzten zwei Nächte auf einem Freedom Camping Spot verbracht. Wir hatten schon so einen Verdacht: Der Wald ringsum heißt nämlich Hokonui – so wie der schwarzgebrannte Whisky hier.
Unsere Whisky-Kostprobe bekommen wir leider nicht in der Prohibitions-Bar, sondern im Eingangsbereich. Wir haben die Wahl zwischen einem „rohen“, einem im Fass gealterten (wie lange, konnte man uns nicht sagen) und einem likörartigen Tropfen. Letzterer hat nur 23%, wir entscheiden uns trotzdem für den echten Hokonui und ordern jeweils ein Gläschen des 40-Prozentigen. Der rohe schafft es tatsächlich, meine Zunge zu schocken. Nachdem ich schnell mit Wasser nachgespült habe (den Trick haben wir von trinkfesten Russen gelernt), bleibt ein sehr intensives Raucharoma zurück. Der gealterte Whisky ist runder, öliger auf der Zunge, hat aber ebenfalls ordentlich Wumms und das selbe Raucharoma. Mein Fall ist der Hokonui nicht. Aber das kann auch an der Uhrzeit liegen.
Hokonui Moonshine Museum im Hokonui Heritage Centre
Ecke Norfolk St und Hokonui Drive
Gore
Mo-Fr 8:30 – 16:30 Uhr, Sa 10:30 – 16:30, So 13-16
Tel. 03 – 2089907
Eintritt: $5 inklusive Whisky-Kostprobe
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