Gut sechs Monate ist es her, dass wir den „Weißbrotalarm in Christchurch“ ausgelöst haben. Seitdem sind wir rund 15.000 Kilometer gefahren, kreuz und quer über die Süd- und die Nordinsel und nochmal über die Südinsel. Unsere Mission dabei: Die Jagd nach typisch neuseeländischem Essen. Unverhofft fanden wir uns jedoch auf der Flucht wieder – vor wabbeligem Weißbrot, das in sogenannten Bäckereien und im Supermarkt in ganzen Regalwänden des Grauens plastikverpackt auf uns lauerte. So wurde unsere Mission erweitert um richtig gutes Brot. Für uns heißt das: Handwerklich gebackenes Brot aus einem langsam gereiften (Sauer)Teig mit einer anständigen Kruste und einer feinporigen, duftenden, saftigen Krume.
Und das gibt es tatsächlich, auch in Neuseeland. Man muss nur wissen, wo man suchen muss. Und: Man muss den richtigen Code kennen.
Völlig falsch ist es, in der iSite zu fragen, ob es im Ort „eine gute Bäckerei“ gibt. Das habe ich ein Mal getan. Nachdem mir die freundliche Mitarbeiterin strahlend erklärte, es gebe gleich drei phantastische Bäckereien, schwante mir bereits, dass da etwas nicht stimmen konnte. Die Frage nach „gutem Brot“ ist ebenso wenig zielführend, denn „gut“ ist nunmal eine sehr individuelle Einschätzung.
Und „German Rye“ ist gar eine richtig böse Falle. Was mit dieser Bezeichnung in einigen neuseeländischen Supermärkten verkauft wird, ist von einem echten deutschen Roggenbrot so weit entfernt wie ein Filterkaffee mit Sprühsahnehaube von einem italienischen Capucchino.
Nein, der Code-Name lautet: „european style bakery“.
Man muss allerdings damit rechnen, verständnislose Blicke zu ernten. Vor allem, wenn man die Frage mit entsprechender Verzweiflung in der Stimme gestellt hat. Wer mit Toastbrot aufgewachsen ist, hat eben keine Ahnung unter welchem Leidensdruck Menschen, deren Verdauungstrakt echtes Brot gewohnt ist, nach mehreren Wochen Weißbrotkonsums stehen.
Die Bäckereien, in denen wir schließlich fündig wurden, hatten nicht nur Verständnis, sondern auch einige herzzerreißende Geschichten für uns: Von Menschen, die angesichts des Brotsortiments und des Duftes in Tränen ausbrachen. Oder die direkt im Laden einen ganzen Laib Brot verputzten.
Gute Chancen fündig zu werden hat man auf den Farmers‘ Markets, die es in sehr vielen (auch kleinen) Orten während der Sommermonate gibt. Meist finden sie Samstag- oder Sonntagvormittag statt (das weiß wiederum die iSite bzw. die Seite www.farmersmarkets.org.nz), manchmal aber auch unter der Woche. Wenn es im Ort einen Bioladen oder Health Food Store gibt: unbedingt vorbeischauen! Falls sie nicht selbst Brot verkaufen, bekommt man hier oft einen Tipp.
Auf diesem Weg habe ich in Westport herausgefunden, dass es im Art Hotel manchmal „real bread“ (mit einem wissenden Lächeln ausgesprochen) zu kaufen gibt. Wenn denn welches übrig ist. Ich hatte Glück: Ein letzter, kleiner Laib war noch da. Der Inhaber – ein Deutscher, der mit einer Neuseeländerin verheiratet ist und seit 15 Jahren dort lebt – erzählte mir, er habe aus Verzweiflung das Brotbacken gelernt. Auch seine Frau mag inzwischen kein Toast mehr essen, wir sie mir mit einem Schmunzeln verriet.
Wer in Neuseeland nach echtem deutschen Brot sucht, wird fast immer bei einem ausgewanderten deutschen Bäcker landen. (Kurioserweise hat uns allerdings das, was “ The Original German Bakery“ in Wellington verkauft, am wenigsten überzeugt.) Bestellt man auf Englisch, wird oft direkt auf Deutsch geantwortet. Oder auf Englisch, aber mit einem so starken deutschen Akzent, dass die Herkunft klar ist.
Es gibt aber auch unter den Kiwis Überzeugungstäter. Kerri beispielsweise ist seit 15 Jahren selbst ernannte Brot-Botschafterin in Hokitika, nachdem sie ihr Handwerk in Nelson gelernt hat. „Die meisten Kiwis schreckt der Preis ab“, erzählt sie mir. Für einen Laib handwerklich gemachtes Brot (schätzungsweise 750g – das Gewicht wird hier nicht angegeben) muss man um die $ 7 – 8,50 ausgeben. Das erscheint im Verhältnis zu einer Stange Toastbrot, die man schon für $ 1,99 bekommt, erstmal teuer. Aber natürlich isst man daran sehr viel länger. Und: Echtes Sauerteigbrot schmeckt auch nach einer Woche noch. Wir haben daher jedes Mal, wenn wir eine gute Bäckerei gefunden hatten, gleich drei Laib gekauft. Neuseeländer kommen übrigens oft zu Kerri, weil sie auf der Suche nach glutenfreiem Brot sind. „Dabei kommen die Beschwerden meist ganz einfach vom Supermarktweißbrot“, sagt Kerri und rollt mit den Augen.
Die unten aufgelisteten Bäckereien haben wir fast alle besucht. Einige waren Tipps unserer Leser nach unserem „Weißbrotalarm“ (nochmal danke für die Starthilfe!). Manche der von ihnen genannten Bäckereien gab es aber schon nicht mehr, manche der hier genannten werden vielleicht ebenfalls schließen, andere neu eröffnen.
Wir wünschen allen Lesern, die gerade in Neuseeland unterwegs sind (oder bald sein werden) eine tolle Reise. Wer nur ein paar Wochen dort ist, kommt bestimmt auch ohne deutsches Brot aus – zumal es hier so viele andere landestypische Leckereien zu entdecken gibt. Unser Blog bietet dafür jede Menge Inspiration.
Wir fliegen am Samstag – mit einem (kulinarisch vielversprechenden) Stopover in Seoul – zurück nach Berlin. Unsere Heimatstadt ist übrigens eine fast ebenso schlimme Brot-Wüste wie Neuseeland. Aber zum Glück kennen wir uns dort ja schon aus.
Und weil es auch dort (und auf unseren nächsten Reisen) noch viele Schmätze zu jagen gibt, werden wir diesen Blog natürlich weiterführen.
Die folgende Brotliste werden wir kontinuierlich ergänzen oder aktualisieren [zuletzt: April 2016]. Also immer her mit euren Entdeckungen & Tipps!
******* NORDINSEL*******
Northland
> Kerikeri: Farmers‘ Market (Sonntag 8:30 – 12 Uhr)
> Whangarei: Farmers Market im zentralen Parkhaus (Sa 6-10 Uhr)
> Whangarei: La Familia artisan cafe and deli, 84 Cameron St (Di-Sa gutes Brot)
> Whangarei: Putiputi Ra Organics, Health & Eco Store, 79 Walton St. (Mittwochs)
Auckland
> Belmont: Wild Wheat Specialty Bread, 1/67 Lake Road
> Browns Bay: Pukeko Bakery, 48 Anzac Rd
> CBD: Scarecrow, 33 Victoria St East (das Brot wird von Wild Wheat Specialties geliefert)
> Glenfield: Diehl’s Bakery Shop, 65 Hillside Road
> Grey Lynn: Bread & Butter Bakery and Café, 34 Westmoreland St. West
> Howick: Wild Wheat Specialty Bread, 114 Picton Street
> Milford: Bread & Butter Milford, 116 Kitchener Road
> Mount Eden: Olaf’s Bakery, 1 Stokes Road
> Mount Eden: Wild Wheat Specialty Bread, 813 Mt Eden Road
> Ponsonby: Little Bread & Butter, Market 7 (Richmond Ecke Ponsonby Rd)
> Remuera: Sylvias‘ Bakery German Artisan Bakery, 598 Remuera Rd
> Rosedale: Brotzeit German Bakery, 94 Rosedale Rd
Coromandel
> Waihi: The German Bakery, 54a Seddon Street [Hinweis: die Bäckerei steht zum Verkauf – besser kurz checken, bevor ihr möglicherweise umsonst einen Umweg fahrt]
> Thames: bite Delikatessen, 715 Pollen Street, Mo-Sa 8-16 Uhr
Central North Island
> Hamilton Central: Volare Bread, 6 Garden Place
> Hamilton (Frankton): Volare Bread, 236 Kahikatea Drive
> Raglan: The Herbal Dispensary, 6 Wallis St
> Rotorua: Ciabatta Bakery, 38 White Street
> Rotorua: Farmers Market im Kuirau Park, Samstags 9-13 Uhr
Bay of Plenty & East Coast
> Mt Maunganui: Flaveur Breads, 31 Totara St
> Mt Maunganui: Col’s Master Butchers, 237 Maunganui Road (wird beliefert von Volare Bread)
> Mt Maunganui: Nosh Food Market, 237 Maunganui Road (wird beliefert von Volare Bread)
> Papamoa Beach: Bin Inn Wholefoods and Specialty Groceries, 30 F Gravatt Road (wird beliefert von Volare Bread)
Hawke’s Bay
> Hastings: Farmers‘ Market (Sonntag 8:30-12:30 Uhr)
> Napier: Harald’s Bread World, 34 C Austin Street
Taranaki
> New Plymouth: Batemans, 86 Devon St E
> New Plymouth: Down to Earth Organics, 268 Devon Street West (frisches Brot wird Mi geliefert)
> Whanganui: Market by the river, Moutoa Quay/ hinter der iSite (Sa 9-13 Uhr)
Lower North Island & Wellington
> Carterton: The Clareville Bakery, 3340 SH2 (direkt am Highway, ein Stück nördlich des Ortes)
> Paraparaumu: Purebread Organic Bakery, 114 Kapiti Rd
> Wellington (Aroville): Arobake, 83 Aro Street
> Wellington (Te Aro): Moore Wilson’s, 93 Tory St. (gemeinsamer Verkaufsstand mehrerer Bäckereien)
******* SÜDINSEL*******
Marlborough
> Picton: Village Bakkerij, 46 Auckland St
Nelson-Tasman
> Nelson: The Swedish Bakery & Café, 54 Bridge Street
> Nelson: Don Rodrigo The Artisan Baker auf dem farmers‘ market am Mittwoch (Mi 10:30-15:30, Morrison Square) und auf dem Nelson Market am Samstag und Sonntag (8-13 Uhr, Montgomery Square)
> Takaka: Golden Bay Organics, 47 Commercial St
> Takaka: Takaka Infusion Tea House & Bakery, 30 Commercial St
West Coast
> Hokitika: Village Bakers, 83 Revell Street (nur Mi-Fr Vormittag) + Marktstand am Sa Vormittag (Revell Ecke Weld St)
Canterbury
> Fairlie: Fairlie Bakehouse, 74 Main St
Christchurch & Banks Peninsula
> Akaroa: Peninsula General Store (Bioladen), 40E Rue Lavaud
> Akaroa: Farmers‘ Market (Sa 9-13 Uhr von Okt-April) – das Brot backt der Küchenchef des Restaurant Vangionis am Marktmorgen frisch.
> Christchurch/Strowan: Café Berlin Delicatessen & Café, 9c Normans Road (Stadtteil Strowan)
> Christchurch/Riccarton: Farmers‘ Market, 16 Kahu Road (Sa 9-12 Uhr)
> Christchurch/Sydenham: The Breadman Organic Bakery, 22 Kingsley St
> Christchurch/Ferrymead: Vic’s Bakehouse, 4B Settler’s Crescent
Queenstown & Lakes District
> Queenstown: Fergbaker, 42 Shotover Street
> Wanaka: Farmers‘ Market (Donnerstag Nachmittag)
> Wanaka: Mediterranean Market,
> Wanaka: Soul Food Organics, 74 Ardmore street
Otago
> Gibbston Valley: Gibbston Valley Cheesery & Retail Shop, State Highway 6 zw. Queenstown und Cromwell (nahe Kawerau Bridge)
> Oamaru: Harbour Street Bakery, 4 Harbour Street
> Oamaru: Vinbrux Bakery & Kaffeehaus, 36B Arun St
Southland
> Tuatara: Last Light Lodge, 2 Clifden Highway (nur Sonntags)
Habt ihr in Neuseeland an einem Ort real bread entdeckt, der in dieser Liste fehlt? Gibt es eine der hier aufgeführten Bäckereien nicht mehr? Oder hat womöglich der Bäcker gewechselt und das Brot ist jetzt ungenießbar?
Wir freuen uns über eure aktuellen Hinweise und Entdeckungen in den Kommentaren. Mit eurer Unterstützung wird diese Liste noch besser!
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