Ein Buch „Toast“ zu betiteln und es ausschließlich dem Belegen gerösteten Brotes zu widmen, finde ich ganz schön mutig. Hierzulande hat Toastbrot nicht unbedingt den besten Ruf, um es mal vorsichtig auszudrücken. Die Zeiten, in denen „Toast Hawai“ als exotische Delikatesse galt, sind lange her. Der Titel machte mich aber auch neugierig. Sehr sogar. Schließlich verbindet uns mit Toast eine gewisse Vorgeschichte. Und in unserer Heimatstadt feiern belegte Brote (von Urberlinern „Stulle mit Brot“ genannt) gerade ein Revival.
Als ich das Kochbuch dann in Händen hielt, war ich sehr positiv überrascht: Es ist ein Hardcover, edles Papier, schönes Layout, jedes Rezept mit einem äußerst appetitlichen Foto bebildert.
[Die folgenden Fotos und das Titelbild haben wir selbst in der Jäger-Versuchsküche aufgenommen!]
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Mein erster Irrtum klärte sich bereits im Intro des Buches auf: Die US-Amerikanische Autorin Raquel Pelzel meint mit Toast nicht das knautschbare, kastenförmige, vorgeschnittene Weißbrot aus der Plastiktüte, das wir hierzulande mit diesem Begriff verbinden, sondern schreibt: „Remember that the better the bread, the better the toast, so search out a quality bakery or market where the bread is kneaded and baked with care, and sold fresh“. In vielen Rezepten empfiehlt sie explizit ein rustic country-style Brot.
So weit, so einverstanden.
Auch beim ersten Durchblättern war ich begeistert: Das Buch ist entsprechend den Jahreszeiten in vier Rubriken unterteilt, damit man den Großteil der Zutaten frisch bekommt. Nahezu jedes Rezept ließ mir das Wasser im Mund zusammenlaufen. Neben den – von mir erwarteten – deftigen Toppings gab es auch süße Ideen, die mich überraschten, zum Beispiel Schokocreme und Marshmallows oder Raffiniertes wie in Zitronengras-Sirup geröstetes Brot mit einer Kugel Kokoseis.
Als ich mir die Rezepte genauer anschaute, um zwei oder drei für unsere Test-Stullen auszuwählen, stellte ich allerdings etwas Merkwürdiges fest: Ziemlich viele von ihnen sind so aufwändig – sowohl was die Zubereitungszeit angeht als auch die benötigten Zutaten – als würde man hier ein umfangreiches Mahl kochen. Dabei geht es doch nur um ein belegtes Brot!
Ich war offensichtlich einem weiteren Irrtum aufgesessen: Das „The Cookbook“ im Untertitel des Buches ist absolut ernst gemeint. Es geht hier nicht um eine schnöde Ideensammlung, was man mal schnell auf seine Scheibe Brot werfen kann, wenn man eine Alternative zu Wurst und Käse sucht. Sondern um ausgefeilte, fein abgeschmeckte kleine Mahlzeiten, die eben immer auf einer gerösteten Brotschreibe serviert werden.
Etwa fünf Siebtel meiner Kocherei spielen sich ja dann ab, wenn ich wenig Zeit habe. Deshalb habe ich „Toast. The Cookbook“ nach schnellen und trotzdem raffinierten Rezepten durchgeschaut – ein bisschen Abwechslung muss schon sein, dazu sind Kochbücher schließlich da.
Entschieden habe ich mich für
1. Brot mit Parmesanbutter, Spargel und Spiegelei auf Seite 66/67 und
2. Brot mit gegrillter Tomate und cremigem Feta (den ich durch Ziegenkäserolle ersetze), verfeinert mit wildem Bärlauch (meine Interpretation des Rezeptes, da er gerade Saison hat) auf Seite 50/51.
Beide Male röste ich das Brot – einmal mit Olivenöl gesprenkelt und mit Ziegenkäse belegt, das andere Mal gebuttert und mit gehobeltem Parmesan bestreut – in unserem ganz normalen Backofen ohne Grillfunktion. Die halbierten Tomaten lege ich ebenfalls einfach aufs Blech und, nachdem sie schön weich geworden sind, auf das Ziegenkäsebrot und streue fein gehackten Bärlauch darüber. Die grünen Spargelstangen schwenke ich in der Pfanne, erst kurz auf hoher Temperatur, dann auf niedriger mit geschlossenem Deckel. Dazu brate ich zwei Spiegeleier.
Für beide Rezepte (die ich an unterschiedlichen Tagen probiere) brauche ich jeweils etwa 30 Minuten, was auch für unter der Woche im Rahmen ist. Beide schmecken ausgezeichnet und die Parmesanstulle mit Spargel und Spiegelei empfinde ich tatsächlich als gleichwertig zu einem „normalen“ Mittagessen, weil sie aus ganz unterschiedlichen Elementen besteht, die ich ohne Anregung durch das Kochbuch wohl nicht auf einer Scheibe Brot versammelt hätte. Satt werde ich von beiden Varianten.
Und wie ich da so vor meinem kunstvoll in mehreren Etagen belegten, knusprig gerösteten Brot saß, stellte sich mir plötzlich die Frage: Und wie zerlege ich das jetzt in mundgerechte Happen, ohne das Gesamtarrangement schon mit dem ersten Biss zu zerstören? Ich empfehle, ein sehr scharfes Messer als Essbesteck bereit zu halten.
Empfehlung der Redaktion:
Geröstetes Brot mit Spinat und Streifen vom Steak (S. 108/09)
… wenn ihr richtig großen Hunger habt.
Geröstetes Brot mit Parmesanbutter, Spargel und Spiegelei (Seite 66/67)
… wenn ihr richtig großen Hunger aber keinen Appetit auf Fleisch habt.
Geröstetes Brot mit karamelisierten Birnen, Ahornsirup, Feigen-Sesam-Marmelade und Balsamico (S. 28/29)
… wenn ihr eure Gäste beeindrucken wollt.
In Zitronengras-Sirup geröstetes Brot mit einer Kugel Kokosnusseis (S. 112/13)
… wenn ihr einen Jieper auf Süßes habt.
Apfel-Streußel-Toast (S. 30/31)
… wenn ihr Lust auf Kuchen, aber nicht aufs Kuchenteig Anrühren habt.
Bombay Bubble And Squeak Toast: indisch angehauchte Variante des britischen Klassikers Bubble & Squeak – gebratene Stampfkartoffeln mit Gemüse (S. 46/47)
… wenn ihr mal „was ganz anderes“ probieren möchtet.
Raquel Pelzel: „Toast: The Cookbook“[affiliate Link], Phaidon Verlag, Hardcover, 120 Seiten, 16,95 Euro. Auf Deutsch ist das Buch unter dem Titel „KROSS! Knusprige Brote, köstlich belegt: Toasts in Höchstform“ erhältlich.
Disclaimer: Das Rezensionsexemplar wurde uns vom Verlag zur Verfügung gestellt.
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