Als Käptn Cook an dieser Küste vor fast 250 Jahren vorbeisegelte, nannte er die Region Bay of Plenty, weil sie so fruchtbar ist. Damals gab es hier noch keine Kiwis, die Frucht wurde erst 1904 von einer neuseeländischen Lehrerin aus China mitgebracht. Die „chinesische Stachelbeere“ gedieh im milden Klima der Nordinsel so prächtig, dass sie ab 1959 auch exportiert werden sollte. Fehlte nur noch ein Name, der sich besser vermarkten ließe. Ein gewisser Harvey Turner soll den Geistesblitz gehabt haben: Die Frucht habe Ähnlichkeit mit jenem flugunfähigen, mit einer Art braunem Fell statt Federn ausgestatteten Vogel, der damals bereits ein Maskottchen der Neuseeländer war, fand er. Sein Name: Kiwi. Dabei ist es geblieben und heute ist die Frucht sogar am anderen Ende der Welt – zum Beispiel in Deutschland – sehr beliebt.
Was bei uns in den Supermarktregalen landet, kommt mit großer Wahrscheinlichkeit aus der Gegend um Te Puke. Ein winziger Ort, der fast ausschließlich aus Take-Aways und billigen Absteigen zu bestehen scheint. Ringsum erstrecken sich Kiwi-Plantagen, deren Parzellen durch übermannshohe, mauerartige Hecken voneinander abgetrennt sind – aber nach vorne oftmals offen. Sie liegen an Straßen, die keine Namen tragen, sondern einfach durchnummeriert sind. Wenn man wollte, könnte man kurz links ranfahren und sich im Handumdrehen eine Wochenration der pelztragenden Vitamin-C-Bomben pflücken. Dass es dennoch keine größeren Verluste durch Mundraub gibt, könnte daran liegen, dass die meisten hier sowieso auf einer der Plantagen arbeiten und alle anderen nur durch den Ort hindurch brausen.
Seit Te Puke bin ich um zwei Erfahrungen reicher. Wir haben auf dem wohl abgerocktesten, seltsamsten Campingplatz unserer Reise genächtigt. Hätten wir Walter Whites Wohnmobil zwischen denen der Dauercamper entdeckt, es hätte uns wohl auch nicht überrascht. Und ich weiß jetzt, an welcher Pflanze Kiwis wachsen: Sie sieht einer Weinrebe ähnlich und bildet mit den Nachbarpflanzen eine Art Baldachin in etwa einem Meter Höhe, von dem die Früchte dicht an dicht herunterhängen. Wie die allerdings abgeerntet werden, ohne dass die Pflücker nach wenigen Tagen wegen irreparablen Kreuzschadens ausgewechselt werden müssen – das muss ich noch herausfinden.
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