Avocados
Zu dieser Kostprobe gehört leider ein Wehmutstropfen. Denn wer einmal eine neuseeländische Avocado gegessen hat, wird nie wieder die steinharten, geschmacklosen und/oder bereits angefaulten Früchte kaufen, die man hierzulande bekommt. Avocados wachsen in Neuseeland und werden entsprechend vollreif verkauft. Noch besser als die Supermarktware schmecken sie vom Wochenmarkt oder aus einer privaten Honesty Box. Nicht irritieren lassen: Die aromatischste Sorte trägt den Namen Hass. Neuseeländische Avocados haben eine so cremige Konsistenz, dass sie auf der Zunge zergehen und dabei ein buttriges, leicht nussiges Aroma hinterlassen. Kein Salzen, Pfeffern oder sonstiges Würzen nötig! Der perfekte Snack also wenn man unterwegs ist, auch unser Baby ließ sich schon begeistert damit füttern. Tipp für Experimentierfreudige: Eine Scheibe Brot dünn mit Marmite bestreichen und mit Avocadoscheiben belegen.
Bluff Oysters
Manche sagen, es seien die besten Austern der Welt – weil sie in den sauberen Gewässern südlich der neuseeländischen Südinsel gefischt werden. Fest steht jedenfalls: Sie sind ziemlich groß und schmecken im Speckmantel gegrillt wirklich außerordentlich gut! Jedes Jahr am 1. März dürfen die Austernfischer in die Foveaux Strait auslaufen; meist ist die festgelegte Fangquote irgendwann im Mai ausgeschöpft und dann haben die Austern wieder Ruhe bis zum nächstne Jahr. Während der Saison bekommt man sie in Bluff wirklich ü-ber-all und in jeder erdenklichen Form, selbst frittiert mit Pommes. Der kleine 4Square-Supermarkt in Bluff überraschte uns sogar mit einer Bierempfehlung zur Auster. Den kleinen Finger braucht hier trotzdem keiner abzuspreizen, der Austern essen (oder gar zum ersten Mal probieren) möchte. Das legendäre Bluff Oyster and Food Festival, das jedes Jahr an einem Samstag Mitte/Ende Mai gefeiert wird, beschreiben die Locals gar als „unsophisticated and proud of it“. Kulinarisch zu entdecken gibt es dort trotzdem einiges.
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Hokey Pokey Eis
Hinter diesem putzigen Namen verbirgt sich eine Geschmacksrichtung, die so untrennbar zum neuseeländischen Sommer gehört wie Schoko oder Zitrone zu einer deutschen Kindheit: es handelt sich um cremiges Vanilleeis mit Karamellstückchen, klassischerweise vom heimischen Eisgroßproduzenten Tip Top. Noch viel leckerer fanden wir allerdings Hokey-MAC-Pokey, das wir im The Nuthouse Café in der Bay of Plenty entdeckten: hausgemachtes Hokey Pokey Eis mit gehackten Macadamianüssen aus eigenem Anbau. Wenn ihr jetzt spontan Appetit bekommen habt und gerade NICHT in Neuseeland seid: Mit diesem Rezept könnt ihr es ganz einfach selbst herstellen!
Fangfrischer Fisch
Neuseeland ist von sehr sehr viel Meer umgeben, weshalb man dort selbst im Supermarkt fangfrischen und noch dazu günstigen Fisch bekommt. Wir haben während unseres Roadtrips wirklich Unmengen an Blue Cod, Gurnard, Moki, Mullet und Lachs gegessen, gebraten, gekocht und geräuchert. Noch frischer ist er natürlich direkt vom Kutter oder gar selbst geangelt. Wer nun im Geiste aufstöhnt, weil er Angeln für eine eher langweilige Freizeitbeschäftigung hält, wird seine Meinung in Neuseeland aller Voraussicht nach ändern: dort tut es JEDER. Weil es jeder darf, ganz ohne Angelschein, und am Meer sogar ohne Lizenz (die man für Flüsse/Seen kaufen muss).
Grünlippenmuscheln
Die deutsche Übersetzung täuscht: Diese Muscheln haben keine Lippen! Sie sehen aus wie Miesmuscheln, nur dass der Rand ihrer Schale leuchtend grün gefärbt ist. Und sie werden deutlich größer. Ein DoC-Mitarbeiter auf der Coromandel Halbinsel erzählte uns, dass er in seiner Kindheit unterarmlange Exemplare aus dem Meer gezogen hätte. Überprüfen konnten wir das natürlich nicht. Aber die größten greenshells, die wir in Tolaga Bay von den Pfeilern der Seebrücke sammelten, waren sicherlich zehn Zentimeter lang und sehr lecker, sowohl auf der halben Schale mit Knoblauchbutter im Ofen gebacken, sauer eingelegt oder in einer cremigen Suppe. Als Greenshell Mussel Capital of New Zealand gilt das Örtchen Havelock im Norden der Südinsel: in den umgebenden Marlborough Sounds gibt es die meisten Muschelfarmen des Landes (mit großem Abstand gefolgt von der Coromandel Halbinsel). Jedes Jahr im März feiert der Ort einen Samstag lang ein großes Fest, auf dem man die greenshells in allen erdenklichen Variationen probieren und dazu ausgezeichnete Weine und Craft Beer trinken kann. Wer es nicht zu diesem Termin schafft: Restaurants in Havelock und Umgebung haben sie ganzjährig auf der Karte. Oder ihr sammelt sie selbst: Einfach die Augen offen halten, wenn ihr bei Ebbe an einen Strand kommt! Mittlerweile bekommt man die Grünlippenmuscheln aber sogar in gut sortierten deutschen Supermärkten.
Hangi
Hangi heißt in der Sprache der Maori „Erdofen“, denn das Essen wird in einer Grube im Boden gegart. Und zwar, indem man Steine auf den Boden der Grube legt, welche man zunächst mit einem großen Feuer aufheizt. Nachdem das Feuer herunter gebrannt ist, wird das Essen in Körben auf die Steine gestapelt, Wasser hinterher gegossen und die Grube schnell abgedeckt. Bis das Essen fertig ist, dauert es mehrere Stunden. Heutzutage nennt man das Slow Cooking und Slow Food – die neuseeländischen Ureinwohner kochen so schon seit hunderten von Jahren. Inzwischen bieten einige Maori-Stämme Hangis auch für Touristen an, meist eingebettet in eine sogenannte cultural experience, bei der man noch vieles mehr über ihre Kultur erfährt. Mein erstes Hangi habe ich in Rotorua erlebt – es wurde im Erdofen zubereitet und hat prima geschmeckt, die Veranstaltung drum herum hatte allerdings Festzeltcharakter. Bei Mataatua in Whakatane (Bay of Plenty) empfand ich die cultural experience als sehr authentisch, das Hangi wird dort allerdings auf die moderne Art in einem Stahlzylinder dampfgegart (schmeckt aber trotzdem!).
Manuka-Honig
Manuka ist eine mit dem Teebaum verwandte Pflanze, die nur in Australien und Neuseeland vorkommt. Sie wächst in Form von Büschen oder kleinen, struppigen Bäumen im ganzen Land und aus ihren rötlichen Blüten entsteht ein Honig mit einer starken antibakteriellen Heilkraft (wie stark, das hängt vom sogenanten UMF, dem Unique Manuka Factor, den übrigens ein Forscher aus Dresden entdeckte!). Die Wirksamkeit des Honigs kannten schon die Maori, die ihn zum Beispiel bei Erkältungen oder Magen-Darm-Beschwerden einnahmen. Aber auch wenn man völlig gesund ist, schmeckt Manuka-Honig einfach gut. Man bekommt ihn in Health Stores und in den meisten Supermärkten. Leider ist er deutlich teurer als herkömmliche Sorten – dafür aber probemlos auch in Deutschland erhältlich.
Marmite
Wer nicht mit Marmite aufgewachsen ist, wird die Begeisterung für einen Brotaufstrich, der intensiv nach Brühwürfel schmeckt, wohl nie so richtig begreifen. Und wehe dem, der sich das teerschwarze Zeug völlig ahnungslos aufs Frühstücksbrot streicht und womöglich etwas Süßes erwartet, wenn er hinein beißt. Wie ich zum Beispiel. Meine Abstinzenz danach dauerte sieben Jahre. Während unseres Roadtrips tasteten wir uns langsam an den Geschmack heran. Und inzwischen schmeckt mir Marmite, das übrigens aus einem Abfallprodukt beim Bierbrauen hergestellt wird, tatsächlich. Zum Beispiel in Kombination mit Avocado oder Frühstücksei. Es soll auch sehr gesund sein. Und am Morgen nach einer durchzechten Nacht helfen. Was man allerdings tunlichst vermeiden sollte: Einem Kiwi gegenüber behaupten, das australische Vegemite oder das britische (gleichnamige!) Marmite würden genau gleich schmecken.
Pavlova
Diese wunderschön anzuschauende Torte hat einen Boden aus gezuckertem Eischaum, auf den Berge von Schlagsahne gehäuft werden, welche man schließlich mit Obststückchen – traditionell: Kiwi und Erdbeere – verziert. Ironischerweise wurde sie nach der russischen Primaballerina Anna Pawlowa benannt, die mit ihrem Tanz des „Sterbenden Schwan“ weltberühmt wurde – und aller Wahrscheinlichkeit nach nie ein Stück dieser Kalorienbombe probiert hat. Kiwiana hin oder her: Ob es tatsächlich ein Neuseeländer war, der sich das Rezept für die Pavlova ausdachte, oder ein Australier – darüber streiten sich die beiden Nationen noch heute.
Pie
Gemeint ist hier nicht apple pie, sondern die deftige Variante, also ein mit Fleisch, Fisch und/oder Gemüse gefülltes Gebäckstück. Stammt ursprünglich aus Großbritannien, ist aber auch aus Neuseeland nicht wegzudenken. Es grenzt ja an ein Wunder, wenn man in einer neuseeländischen Bäckerei Brot kaufen kann, aber garantiert gibt es dort eine Vitrine, in der mehrere Pies aufgebahrt sind. Das gleiche gilt für Supermärkte, Tankstellen, kleine Eckläden und Delis. Leider stammt der Großteil aus Fabriken und ihre oft fragwürdigen Füllungen, die bisweilen an Hundefutter erinnern, werden nicht besser dadurch, dass sie aufgetaut, aufgebacken und für unbestimmte Zeit warm gehalten werden.
Trotzdem gehören jetzt auch wir zu den Pie-Junkies. Warum? Weil sie der perfekte, schnelle, immer verfügbare Snack sind. Und weil sie hin und wieder richtig lecker schmecken, zum Beispiel bei The Bakery in Wanaka. Wer aus seiner Kostprobe eine Mutprobe machen möchte, sollte in Pukekura an der West Coast vorbeischauen: Dort gibt es Pie mit Possumfleisch.
Whitebait
Jedes Jahr im Frühling sieht man Menschen in Gummihosen an Flussmündungen herumstehen. Sie starren konzentriert aufs Wasser und tauchen immer wieder riesige Kescher ein. Manchmal füllen sie etwas scheinbar Unsichtbares aus ihrem Netz in einen Eimer um. Sie alle sind auf der Jagd nach Whitebait: Beinahe durchsichtige Baby-Fische, die etwa so lang sind wie ein kleiner Finger. Whitebaiting ist, vor allem an der West Coast, so etwas wie eine Religion. Viele Kiwis verbringen während der kurzen Saison ganze Wochenenden damit, manche nehmen sich gar mehrere Wochen Urlaub und campen direkt am Fluss. Und was passiert mit den winzigen Glibberfischen? Man brät sie mit etwas Ei zu Fisch-Pfannküchlein und isst sie mit ungetoastetem Weißbrot. Während der Saison bekommt man diese whitebait fritters überall entlang der West Coast, danach nur noch so lange der Vorrat reicht. Übrigens kostet ein Tütchen mit 250 Gramm frischem Whitebait etwa NZ$ 25. Vielleicht ist das Whitebaiting so etwas wie ein saisonaler Goldrausch?
Whittaker’s Schokolade
Keine andere Schokolade gibt es in Geschmacksrichtungen wie „Hokey Pokey“ oder „L & P“ (die berühmte neuseeländische Limonade), mit Kiwi-Stückchen, Manuka-Honig oder „Kaitaia Fire“-Chili. 1890 in Christchurch gegründet, ist die Firma noch immer in Familienbesitz. Inzwischen arbeitet die Enkelgeneration kontinuierlich daran, Whittaker’sSchokolade NOCH leckerer zu machen. Nur eines überwältigte uns anfangs ein wenig: Die Tafeln sind deutlich größer als man das aus Deutschland kennt …
Neben einigen Kiwiana, die auf dieser Liste natürlich nicht fehlen dürfen, ist unsere Auswahl geprägt von Subjektivität und rosaroten Erinnerungen an unseren siebenmonatigen Roadtrip. Wenn ihr also meint, dass etwas Wichtiges fehlt, dann rein damit in die Kommentare! Wir freuen uns auch über Fotos eures neuseeländischen Lieblingsessens auf unserer Facebookseite!
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