Ganz ehrlich: Auf der Yucatan-Halbinsel habe ich mir oft gewünscht, ich könnte die Zeit zurückdrehen. Freunde hatten mir von ihren Mexikoreisen vor 20, 30 Jahren vorgeschwärmt: Wie sie sich in Tulum tatsächlich fühlten, als hätten SIE gerade diese Pyramide im Dschungel entdeckt. Einfach weil es dort keine anderen Touristen gab. Oder den palmengesäumten Strand, an dem damals eben noch keine Hotels und Liegestühle standen. Seufz. Inzwischen ist die Yucatan-Halbinsel leider kein Geheimtipp mehr. Und trotzdem ist sie auch für Menschen wie uns, die lieber individuell reisen, eine Reise wert – alleine wegen seiner Traumstrände und Cenoten. Wir haben deshalb die Herausforderung angenommen und nach Orten gesucht, an denen wir die Touri-Blase verlassen können. Und sind tatsächlich fündig geworden!
Teil 4: Akumal
An unserem letzten Urlaubstag haben wir kurzentschlossen von Playa del Carmen aus einen Ausflug nach Akumal gemacht. Akumal liegt etwa 40 Kilometer südlich von Playa und muss das reinste Paradies gewesen sein, bevor der Tourismus hier ankam. Der Sand ist, ungelogen, hell und fein wie Mehl. Daran plätschern ganz zarte Wellen, denn die Bucht liegt windgeschützt. Und das Meer – der Wahnsinn! Ein Traum in türkis und blau. Einzig am Seegras, das hier ab etwa einem Meter Tiefe den Sand ablöst, könnte man sich stören – wenn genau dieser Bewuchs nicht der Grund dafür wäre, dass die Schildkröten hierher kommen.
Und die Schildkröten sind der Grund, warum Tag für Tag auch busladungsweise Touristen nach Akumal kommen. Ganz ehrlich: Mit einem solchen Auftrieb hatten wir nicht gerechnet. Hätten wir es vorher gewusst, wir hätten den Ausflug nicht unternommen, denn Schildkröten sind wir (dank eines Schutzprojektes) schon in Oaxaca begegnet – und das war für die kleine Co-Jägerin eines der schönsten Erlebnisse unserer Reise.
Ich will euch deshalb schildern, wie wir Akumal erlebt haben. Wenn ihr den Ort dann trotzdem noch besuchen möchtet, haben wir Empfehlungen für euch, wie ihr 1. die Menschenmassen doch ein wenig meiden könnt und euch 2. so verhaltet, dass ihr die Schildkröten nicht stört und vor allem: nicht gefährdet!
Wir waren zwar früh in Playa del Carmen gestartet, bis das Collectivo uns am Highway auf Höhe von Akumal rausließ, war es dann aber trotzdem bereits halb 10. Auf dem Hinweg muss man den Highway queren, der hier sechsspurig ist, dafür gibt es aber zum Glück eine Fußgängerbrücke. Von dort läuft man noch etwa 1 km bis zum Dorf, das ist also easy piesy sogar mit kurzen Beinen machbar. Die Straße ist wenig befahren und es gibt sogar einen breiten Fußweg.
Auf halber Strecke allerdings kommt man an den ersten Buden samt Verkaufspersonal vorbei, die einen für ihre Schnorcheltour gewinnen wollten. Je näher wir dem Dorf kamen, umso häufiger wurde wir angesprochen. Die Guides erzählen manchmal, dass man alleine nicht in der Bucht schnorcheln dürfe. Das stimmt so nicht. Es gibt allerdings einen abgesteckten Korridor, den entlang man nur in geführten Gruppen schwimmen darf. Wir sind dort versehentlich hinein geraten, weil wirklich die gesamte Bucht aus abgesteckten Parzellen besteht, und wurden sofort von einem der Aufpasser, die im Kajak die Bucht patroullieren, zurück geschickt.
Die kleine Co-Jägerin und ich wollten im flachen Teil der Bucht ein wenig herumschwimmen; eine geführte Schnorcheltour in tieferes Wasser wäre mit einer 4-Jährigen mit Schwimmflügeln gar nicht möglich. Brille und Schnorchel hatten wir mitgebracht, brauchten also nur noch Schwimmwesten. Man kann in den Diveshops aber auch das gesamte Equipment leihen. Außerdem gibt es dort Schließfächer (wenn man während des Schnorchelns seine Sachen nicht einfach am Strand liegen lassen möchte) sowie Duschen.
Duschen gibt es nämlich leider keine einfach so am Strand. Ein großes Versäumnis, wenn ihr mich fragt. Denn die meisten Leute kommen mit Sonnencreme eingeschmiert in Akumal an (schließlich knallt die Sonne schon ab morgens) – mit dem Zeug am Körper sollte man allerdings auf keinen Fall ins Wasser gehen. Die Chemie killt nämlich das Seegras und schadet den Schildkröten. Stellenweise sahen wir auf dem Wasser einen schillernden Film treiben 🙁
Wer im Diveshop Equipment leiht, darf hingegen die Dusche sogar kostenlos benutzen. Die Leihgebühr für zwei Schwimmwesten beträgt 230 Pesos (zum Vergleich: an den Cenoten hatten wir bisher immer 20 Pesos pro Weste gezahlt), das Schließfach 120 Pesos.
Am Strand angekommen, fühlten wir uns wie in einem Wimmelbild.
Vor uns erstreckte sich die Bucht: links das Meer, rechts der nicht allzu breite Strand, an dessen Rand sich Restaurants und Hotels aneinander reihen. Und überall Menschen, die gerade irgendwo hin wollten. Ins Wasser. Im Wasser ihrem Guide hinterher. Aus dem Wasser raus. Vom einen Ende des Strandes zum anderen. Ins Restaurant. … Dazu kommt, dass die Bucht mit Schwimmerketten in verschiedene Parzellen unterteilt ist. In manche darf man nur mit Guide, in andere gar nicht, weil dort Boote ankern.
Wir mussten uns erstmal orientieren… und sind dann trotzdem zunächst in die falsche Parzelle geschwommen.
Irgendwann hatten wir dann aber doch „unseren“ Platz in der Bucht gefunden und sind einfach im relativ flachen Wasser ein bisschen herumgeschwommen. Und ganz plötzlich war da tatsächlich eine Schildkröte direkt vor/unter uns, die seelenruhig am Seegras knabberte. Die nächsten Leute waren 10, 20 Meter von uns entfernt und wir verhielten uns gaaaaaaaanz ruhig, um 1. die Schildkröte nicht zu stören und 2. keinen Menschenauflauf zu provozieren 😉
Etwa zehn Minuten lang konnten wir die Schildkröte beobachten. Bis plötzlich ein Schwarm von etwa fünf, sechs ziemlich großen Fischen vorbei kam und sie wie Eishockeyspieler beim Bodycheck anrempelten, so dass die Schildkröte erschrocken das Weite suchte. So etwas habe ich auf all meinen Tauchtouren noch nicht gesehen 🙂 Überhaupt sind die Schildkröten nicht die einzigen Stars in der Bucht. Wir haben auch jede Menge andere Meeresbewohner gesehen, darunter minikleine Schwertfische und einen Schwarm silbrig glitzernder, bestimmt 30 cm langer Fische, die wie eine Wolke regungslos im Wasser standen.
Was man leider in der Bucht von Akumal beim Schnorcheln mit Schildkröten ebenfalls beobachten kann, ist die Rücksichtslosigkeit einiger Menschen. Überall am Strand informieren Schilder darüber, dass man einen Mindestabstand zu den Schildkröten halten soll und sie keinesfalls anfassen oder verfolgen. Muss man das wirklich auf ein Schild schreiben, hab ich mich beim Lesen gefragt, das sagt mir doch eigentlich der gesunde Menschenverstand. Tja. Und dann sieht man Leute, die mit Selfiestick in der Hand einer Schildkröte nachjagen, um anschließend ein Angeberfoto auf Facebook oder Instagram posten zu können. Wenn ihr mir nicht glaubt, schaut einfach mal auf Instagram nach #akumal. Und wenn ihr so ein Poserfoto mit Schildkröte entdeckt, dann hinterlasst gerne einen bösen Kommentar…
Nachdem wir uns in einem der Restaurants mit einem überteuerten, nicht besonders guten Burger gestärkt hatten, verbrachten wir den Rest des Tages einfach am Strand, bauten Sandburgen mit dem unglaublich feinen Sand und plantschen immer mal wieder im flachen, herrlich warmen und ruhigen Wasser. Abends brausten wir im Collectivo zurück nach Akumal, Fahrtwind im Gesicht und im Ohr „Despacitó“ aus dem aufgedrehten Radio des Busfahrers 🙂
Unser Fazit: Sehr gemischte Gefühle.
Ja, die Begegnung mit der Schildkröte war ein wunderbarer Moment – die kleine Co-Jägerin war völlig aus dem Häuschen. Überhaupt ist die ruhige, flache Bucht von Akumal gerade für kleine Kinder toll.
Wie kurzsichtig und rücksichtslos dort teilweise mit Flora und Fauna umgegangen wird, hat bei mir jedoch einen ziemlich bitteren Nachgeschmack hinterlassen. Und dass dort täglich so viele Touristen einfallen, KANN einfach nicht gut fürs Ökosystem sein.
- Mein Tipp: Wenn ihr Akumal besuchen wollt, dann versucht, so früh wie nur irgend möglich dort zu sein. Am besten übernachtet ihr dort und nutzt die frühen Morgenstunden – mir haben Leute berichtet, die vor dem tagtäglichen Ansturm fast alleine mit den Schildkröten im Wasser waren.
- Ganz wichtig: Geht frisch geduscht ins Wasser, ohne Sonnencreme oder Moskitospray am Körper! Und rückt den Schildkröten nicht zu nah auf die Pelle! Die Natur wird es euch danken.
Wart ihr schon in Akumal – und dort vielleicht mit einem ökologisch denkenden Anbieter unterwegs?
Davon würden wir gerne erfahren!
Andere Empfehlungen sind natürlich ebenfalls willkommen 🙂
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